Warten, bis der Arzt kommt
In der Politik gibt es ein paar Dauerbrennerthemen, über die sich alle Jahre wieder die Gemüter erhitzen. Dazu zählt nicht zuletzt die Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe in Arztpraxen.
Das Problem besteht seit vielen Jahren und rauscht immer wieder durch die Medien – besonders häufig vor Wahlen und nach Beitragserhöhungen der Versicherungen. Wohl die meisten gesetzlich Versicherten haben sich schon darüber geärgert, dass sie ganz offensichtlich bei der Terminvergabe benachteiligt werden.
Kurz vor Jahresende griff der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen das Thema wieder auf. Er forderte, die Diskriminierung bei der Terminvergabe zu unterbinden. Karl Lauterbach, der sozialdemokratische Gesundheitsminister, stimmte zu und machte die FDP und die Union dafür verantwortlich, dies bisher verhindert zu haben. In ihrem Wahlprogramm für die baldige Bundestagswahl fordert die SPD eine »Termingarantie«; gesetzlich Versicherte sollen »genauso schnell wie Privatversicherte einen Termin erhalten«.
Die Diskussion ist populistisch: Sie lenkt vom Wesentlichen ab. Auch deshalb wird sie von Kassen und Politikern gerne geschürt. Denn die sind an einer substantiellen Reform nicht interessiert.
Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, warf deswegen Lauterbach und der SPD Populismus vor. Die derzeitige Regierung habe genug Zeit gehabt, das Problem anzugehen, und stattdessen nur den bürokratischen Aufwand in Arztpraxen erhöht. Die SPD wolle mit ihren Vorschlägen nur »vom eigenen Regierungsversagen ablenken«. Außerdem werde auch jetzt schon im Notfall jede Patientin schnell behandelt.
Mit seiner Kritik an der SPD hat Gassen nicht unrecht, schließlich hat die Partei – die in den vergangenen drei Jahren den Bundeskanzler und den Bundesgesundheitsminister stellte – das Thema nicht gerade zu ihrem Schwerpunkt gemacht.
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