»Die Linkspartei hat sich von mir wegentwickelt«
In der vergangenen Woche sind Sie der SPD beigetreten, ebenso wie weitere frühere Berliner Linkspartei-Politiker, darunter der ehemalige stellvertretende Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll, und der ehemaligen Bezirksbürgermeister von Berlin-Lichtenberg, Michael Grunst. Warum haben Sie die Linkspartei verlassen?
Wir sind sehr lange – ich fast 20 Jahre – Mitglied in der Partei »Die Linke« gewesen. Ich muss aber schweren Herzens zur Kenntnis nehmen, dass die Linkspartei in bestimmten Punkten nicht mehr klar genug positioniert ist. Ein Beispiel ist die mangelnde Abgrenzung zum linken Antisemitismus.
Die SPD war in den vergangenen 27 Jahren auf Bundesebene 23 Jahre lang an der Regierung und hat die jetzigen Verhältnisse maßgeblich mitzuverantworten. Warum in die SPD?
Die Frage ist immer: Mit welcher Partei hat man die größten Schnittmengen? Und das ist bei mir die Sozialdemokratie, nachdem die Linkspartei sich von mir wegentwickelt hat. Es ist richtig, die SPD war gerade auf Bundesebene in unterschiedlichen Koalitionen an der Regierung beteiligt. Sie ist in den vergangenen Jahrzehnten viele Kompromisse eingegangen, die dazu geführt haben, dass sie den Status als linke Volkspartei Stück für Stück verloren hat. Ich glaube aber, dass die SPD wieder eine linke Volkspartei im Geiste Willy Brandts werden kann. Ich möchte, dass mittelfristig wieder Mitte-links-Mehrheiten in diesem Land möglich sind und Reformen wie eine Erhöhung des Mindestlohns oder die Abschaffung der Schuldenbremse angegangen werden können.
»Es gibt in der SPD einen ganz anderen Konsens darüber, was die Frage des Existenzrechts des Staats Israel und auch das Einstehen für eine Zweistaatenlösung im Interesse der Palästinenserinnen und Palästinenser angeht. Da existiert eine wesentlich größere Klarheit, als das in meiner ehemaligen Partei inzwischen der Fall ist.«
Sie haben Antisemitismus angesprochen. Ist die SPD frei davon? Zum Beispiel teilte die SPD-Bundestags-Vizepräsidentin Aydan Özoğuz auf Instagram ein Foto der antizionistischen Gruppe Jewish Voice for Peace, das ein brennendes Schulgebäude in Gaza mit der Überschrift »Das ist Zionismus« zeigt.
Ich wage zu behaupten, dass leider keine etablierte Partei völlig frei vom Problem des Antisemitismus ist. Es gibt in der SPD aber einen ganz anderen Konsens darüber, was die Frage des Existenzrechts des Staats Israel und auch das Einstehen für eine Zweistaatenlösung im Interesse der Palästinenserinnen und Palästinenser angeht. Da existiert eine wesentlich größere Klarheit, als das in meiner ehemaligen Partei inzwischen der Fall ist. Und deswegen kann man auch vor diesem Hintergrund sagen, ja, man kann in die SPD eintreten und auch innerhalb der SPD dafür sorgen, dass diese Klarheit noch größer wird in Zukunft.
Werden Sie bei der Abgeordnetenhauswahl 2026 für die SPD auf einem Listenplatz antreten?
Dafür ist es jetzt noch zu früh, eine Aussage zu treffen, weil die Nominierungsprozesse noch gar nicht angefangen haben. Bis dahin werde ich im Rahmen meines Direktmandats jedoch der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus angehören.