Jungle+ Artikel 23.01.2025
Die Reaktionen auf den Tod von Jean-Marie Le Pen

Keine Distanz zum Übervater

Die Reaktionen auf den Tod von Jean-Marie Le Pen zeigten, dass viele französischen Konservative ihren Frieden mit dem Rassemblement national gemacht haben.

Von »Über die Toten nichts außer Gutem« – an diese Maxime der alten Römer schien sich ein Großteil der bürgerlich-konservativen Medien in Frankreich erinnert zu haben, nachdem am 7. Januar der wohl einflussreichste rechtsextreme Politiker im Frankreich der Nachkriegszeit verstorben war: Jean-Marie Le Pen.

Am selben Abend hatten Linke auf der Pariser Place de la République gefeiert. Weit über Tausend Menschen kamen, einige Fernsehender berichteten live. In der konservativen Tageszeitung Le Figaro sah die rechtskatholische Philosophin Chantal Delsol diese in ihren Augen pietätlose Darbietung in einem Kommentar als Beleg für den kulturellen Niedergang des christlichen Abendlands.

Dass Delsol freundlicher auf den von Jean-Marie Le Pen gegründeten früheren Front national und jetzigen Rassemblement national (RN) blickt, verwundert nicht. Delsols langjähriger Ehemann Charles Millon hatte 1998 die Kleinpartei La Droite, die damals erklärtermaßen ein Bündnis von Konservativen und Neofaschisten herbeiführen sollte. Das scheiterte damals – heute wäre ein solches Bündnis jedoch absolut en vogue.

Diese Tendenz zeigte sich just in den Spalten des Figaro. Ein Leitartikel des Blatts zum Anlass von Jean-Marie Le Pens Tod war auffallend neutral und abwägend gehalten: »Von seinen Gegnern als Rassist, Fremdenfeind oder Antisemit wahrgenommen, war der vielfach gerichtlich Verurteilte für seine Anhänger ein Tabubrecher und Bezwinger einer ›Gedankenpolizei‹. Beide dürften sich einig sein, dass der fünffache Präsidentschaftskandidat ein Rednertalent ohnegleichen besaß, bei dem Bildung und Sprachwitz zusammenkamen.«

Marine Le Pen sagte nach dem Tod ihres Vaters, sie werde sich seinen Parteiausschluss »zeitlebens nicht verzeihen«.

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