Jungle+ Artikel 06.03.2025
Politische Interventionen für Israel, gegen die UN und gegen das Vergessen der Shoah

Der Geist des Widerstands

»Das Verzeihen ist in den Todeslagern gestorben« – mit diesem Satz begründete der französische Philosoph Vladimir Jankélévitch seine unnachgiebige Haltung gegenüber den Deutschen nach dem Nationalsozialismus. Seine politischen Interventionen in Form von Artikeln und Reden, in denen er über die Résistance, Antisemitismus und Rassismus und die Erinnerung an die Shoah schrieb, sind nun zum ersten Mal auf Deutsch erschienen. In den drei hier publizierten Texten stehen Jankélévitchs Engagement für Israel, gegen die Vereinten Nationen und gegen das Vergessen im Mittelpunkt.

»Israel ist das Gewissen der Welt von heute«

Was ich für Israel empfinde, hat sich nicht geändert, kann sich nicht ändern und meine Treue ist unerschütterlich. Da ich der Association France-Israël bereits 1972 eine ziemlich lange Mitteilung habe zukommen lassen, deren Inhalt mir auch 1973 noch zutreffend zu sein scheint, erlauben Sie mir, diese Worte heute zu wiederholen. Diese Wiederholung wird der beste Beweis für meine Treue sein.

Israel ist das Gewissen der Welt von heute. Und zunächst ihr schlechtes Gewissen, das heißt ihr moralisches Gewissen. Es ist nicht so, dass Israel den Anspruch auf ein Monopol auf die großen menschlichen Probleme erheben würde. In allen Ländern, in denen die Menschenrechte heute mit Füßen getreten werden – in Griechenland, Spanien, Bolivien oder Brasilien –, haben die verfolgten Völker ebenfalls das Recht auf den Beistand freier Menschen.

Aber es ist kein bloßer Zufall, wenn eines dieser Länder einem der schrecklichsten Folterer der Hitler-Ära Asyl und Schutz gewährt und ein anderes sich seiner Stimme als ­UN-Vollmitglied bedient, um Israel regelmäßig zu verurteilen. Die Feinde Israels haben keinen ergebeneren Verbündeten als das franquistische Spanien, das ein ehrenwertes Mitglied der Versammlung von New York und wohl ein Spezialist für Menschenrechte ist.

Weder das Münchner Olympia-Massaker noch das schreckliche Blutbad am Flughafen von Lod haben unseren »Intellektuellen« ihre Gelassenheit und ihr gutes Gewissen genommen. 

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