Assoziation freier Produzenten
Kann Kunst gesellschaftliche Emanzipation ermöglichen? Spätestens seit den Avantgarde-Bewegungen der zwanziger Jahre hat diese Frage Konjunktur. »Tropen des Kollektiven. Horizonte der Emanzipation im epischen Theater«, das neue Buch des Germanisten und Philosophen Matthias Rothe, setzt genau bei dieser Frage an.
Den Gegenstand des Buchs bilden drei Theatergruppen der Weimarer Republik, die mit Hilfe der neuen epischen Form das Theater und die Gesellschaft revolutionieren wollten. Rothe zeigt, wie drei kommunistische Kollektive, erstens das um den Intendanten Erwin Piscator – die Piscator-Bühne (1927–1931) –, zweitens das um den Schauspieler und Dramaturgen Gustav von Wagenheim – die Truppe 31 (1931–1933) – und schließlich das um den Dramatiker Bertolt Brecht – die von Rothe so genannte Versuche-Gruppe (1930–1938) –, mit ihrem Theater in selbstverwalteten Ensembles der kapitalistischen Verwertung zu entrinnen versuchten. Rothe legt nicht zuletzt eine Analyse des Scheiterns dieses Versuchs vor.
Die Truppe 31 ließ ihr Stück »Die Mausefalle« mit Arbeitern am Fließband enden – die Synergie von Menschen und selbstverwalteter Technik sollte das »Sinnbild neuer Gemeinschaft« abgeben, so Rothe.
Das Buch liest sich vordergründig als ein Beitrag zur Geschichte des epischen Theaters. Allerdings entfaltet Rothe gleichzeitig eine Betrachtung über den Wert der Kunst und den Status von Autorschaft, die über seinen konkreten Gegenstand hinausweist. Den Dreh- und Angelpunkt des Buchs bildet der Begriff der gesellschaftlichen Kooperation. Alle drei Theatergruppen haben versucht, die Kunst als Ware in Frage zu stellen, indem sie unter anderem das Konzept des individuellen künstlerischen Schöpfersubjekts zu unterminieren versuchten.
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