Jungle+ Artikel 13.03.2025
Eine Erkundung im ehemaligen preußischen Frauenzuchthaus Jauer in Polen

Das Haus der schweren Tore

Im polnischen Städtchen Jawor steht ein altes Stadtschloss aus dem Mittelalter. Die Preußen und später die Nationalsozialisten nutzten es als Gefängnis für Frauen, einige davon Widerstandskämpferinnen. Ein Besuch im ehemaligen Frauenzuchthaus Jauer.
Reportage

Rund 25 Kilometer südlich von Legnica und 70 Kilometer westlich von Wrocław gelegen, sorgt das schlesische Städtchen Jawor für einen gewissen Wohlstand. Seit einigen Jahren lässt Mercedes-Benz ganz in der Nähe Motoren und Batteriesysteme bauen. Rund 1.380 Beschäftigte stehen hier seit der Werkseröffnung im Jahr 2019 in Lohn und Brot – und man merkt dem Städtchen an, dass Geld hereinkommt: Der Bahnhof wird umgebaut, die modernen Schalterhallen sind bereits fertiggestellt. Der Marktplatz im Zentrum, der rynek, wie es ihn in Polen in fast jeder Stadt und jedem Städtchen gibt, ist gepflegt, sauber und von pastellfarbenen Häuserfronten umsäumt. Das Rathaus am Platz ist ein stattliches und ebenfalls gepflegtes Gebäude.

Sowohl der rynek als auch die Straßen sind menschenleer. Es ist der 1. November und Allerheiligen. Die Menschen sind auf den Friedhöfen und gedenken ihrer Toten. Der Eindruck von Wohlstand und Sorgfalt verliert sich, wenn man das Gebäude betritt, für das Jawor, als es noch den deutschen Namen Jauer trug, im Deutschen Reich weithin bekannt und berüchtigt war.

»Das Gefängnis war eine alte deutsche Burg«, beschreibt die Ärztin und Psychoanalytikerin Edith Jacobson das Gebäude, in dem sie rund eineinhalb quälende Jahre verbringen musste.

Jawor verfügt über eine alte Stadtburg, die einen Besuch wert ist. Die Piasten, ein polnisches hochmittelalterliches Herrschergeschlecht, hatten das Schloss Jauer im 13. Jahrhundert erbauen lassen. Später geriet es in böhmische Hände und 1742 im Zuge der Schlesischen Kriege in preußische. Von da an war es um die alte feudale Herrlichkeit geschehen, denn die Preußen nutzten die Burg bald als Anstalt für Menschen, die als geisteskrank galten. 1821 wurde die Psychiatrie geschlossen und das Gebäude zum Gefängnis umgewandelt, ab 1888 wurden hier nur Frauen eingesperrt.

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