Jungle+ Artikel 13.03.2025
Psychologische Fachkräfte kritisieren die Unterversorgung psychisch erkrankter Flüchtlinge

Härte statt Hilfe

Viele Flüchtlinge sind traumatisiert und kämpfen mit psychischen Problemen. Psychiatrische Fachkräfte kritisieren eine unzureichende Versorgung.

Bundesweit gebe es rund 500.000 Flücht­linge mit psychologischem Beratungs- oder Behandlungsbedarf, schätzt Lukas Welz im Gespräch mit der Jungle World. Welz ist Geschäftsleiter der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF), wo Flüchtlinge versorgt werden, die kein Recht auf reguläre Kassenleistungen haben. Doch die Psychosozialen Zentren versorgten gerade mal 25.000 Menschen im Jahr, so Welz. »Der Bedarf ist so hoch, dass man Wartelisten führt und sogar das manchmal nicht mehr geht, weil es einfach zu viele sind«, sagt Welz. Dem BAfF zufolge sind rund 30 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland psychisch erkrankt.

Auf diese eklatante Unterversorgung hatte vor einigen Wochen über dreißig Psychiater in einem offenen Brief hingewiesen: »Bitte Nerven bewahren, Herr Merz«, war er überschrieben. Die Unterzeichnenden warnten: »Politische Schnellschüsse bei gleichzeitiger Mittelkürzung migrationsspezifischer Hilfen lösen das Problem sicher nicht.« Warum fordere Merz nicht stattdessen »nachhaltige Hilfen für alle, die sich an die Psychiatrie wenden«?

Anlass des Protestbriefes war das ­Attentat in Aschaffenburg. Ende Januar hatte ein als psychisch krank bekannter afghanischer Asylbewerber eine Kindergartengruppe mit einem Messer angegriffen. Er tötete zwei Menschen, ­darunter ein Kleinkind. Ein weiteres Kleinkind und zwei Erwachsene wurden schwer verletzt.

»Durch intensive Betreuung können eigentlich die meisten Gewalttaten von psychisch kranken Menschen verhindert werden.« Thomas Bock, Psychologieprofessor am Universitäts­klinikum Hamburg-Eppendorf

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