Jungle+ Artikel 10.04.2025
Die Serie »Adolescence thematisiert Frauenhass unter Jugendlichen

Katastrophale Jugend

In »Adolescence« führen Mobbing und toxische Männlichkeit zum Mord an einem jungen Mädchen. Die Serie bemüht sich dabei um Aufklärung über gesellschaftliche Verhältnisse, statt schlicht auf die verrohte Jugend zu schimpfen.

Eines der zentralen Ergebnisse, die die letzten fast zwei Jahrzehnte Dauerkrise gezeitigt haben, ist die Enteignung der Zukunft. Statt Fortschritt und Visionen des Besseren gibt es Regression, klebrige Nostalgie und einen ewigen Strom immer gleicher Remakes.

In dieser Gemengelage herrscht folgerichtig ein Ressentiment gegen das Erwachsensein: Vom Jugendwahn bis zur Infantilisierung der Öffentlichkeit, von der Sehnsucht nach einer strafenden Vaterfigur als politischem Führer über den Hass auf die Freiheit bis zu einer Mode, der zufolge 40jährige Männer wie Schuljungen herumlaufen sollen – in der Krise scheinen Menschen lieber Kind bleiben zu wollen.

Denn Erwachsensein bedeutet, Verantwortung zu tragen. Es bedeutet, Konsequenzen zu erfahren und sich um genau das zu sorgen, was als Zukunft verloren scheint. Die gesamte Dramatik dieses Zusammenhangs ist auf beeindruckende Weise Gegenstand der britischen Netflix-Serie »Adolescence«. Fernab vom gängigen Coming-of-Age-Kitsch, in dem junge Menschen am Ende versöhnlich ­heranreifen, wirft die vierteilige Miniserie einen Blick auf die katastrophalen Bedingungen, unter denen junge Menschen heutzutage durch die Phase der Adoleszenz gehen.

Alle Frauenfiguren leiden in »Adolescence« unter den Männern; der Mädchenmörder ist da nur die Spitze des Eisbergs.

Eines Tages wird die vierköpfige Familie Miller in einer englischen Vorstadt von einem Sonderkommando der Polizei geweckt. Mit Hilfe eines Rammbocks dringen bewaffnete Polizisten in ihr Haus ein, schreien »Auf den Boden!«, bis ihr Ziel gesichert ist: Es ist der 13jährige Jamie Miller (Owen Cooper), der wegen Mordverdachts verhaftet wird. Davon ausgehend entfaltet sich ein Drama – über die Katastrophe für die Familie, über scheiternde Institutionen wie Polizei und Schule und über »toxische Männlichkeit«, das nicht so heimliche Hauptthema der Serie.

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