Keine Einzelgängerin mehr
Bindungsängste ade: Zum ersten Mal hat Sharon Van Etten gemeinsam mit einer Band Musik komponiert. Die Sängerin aus New Jersey nahm ihr neues Album mit der Gruppe The Attachment Theory auf.
Der Bandname verweist auf die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie über das Bedürfnis, tiefe Verbindungen zu anderen Menschen einzugehen. Van Etten brauchte Zeit, um sich darauf einzulassen: Lange hat sie im Studio eher als Einzelgängerin gearbeitet.
Die 44jährige erklärt sich das heute mit Erlebnissen in einer toxischen Beziehung. Ein Ex-Partner habe alle ihre Songs niedergemacht, sagte sie im Interview mit dem Musikmagazin Visions. Doch bei Proben für eine Tour jammte sie mit Bandkolleg:innen. Ein gutes Gefühl: Schnell entstanden Songs, die nun auch auf »Sharon Van Etten & The Attachment Theory« gelandet sind.
Bei Proben für eine Tour jammte Sharon Van Etten mit Bandkolleg:innen. Ein gutes Gefühl: Schnell entstanden Songs, die nun auch auf dem neuen Album gelandet sind.
Die Platte beginnt mit dem großartigen Stück »Live Forever«, das sich langsam aufbaut – es ist nicht das einzige auf der Platte, das sich viel Zeit nimmt. Van Ettens bestechendes siebtes Album bietet ein Dickicht aus Gitarren und Synthesizern, viele Titel atmen den Geist der Achtziger, klingen nach New Wave und Post-Punk. Manchmal fühlt man sich an Siouxsie and the Banshees oder Gary Numan erinnert.
Während musikalisch oft in den Rückspiegel geschaut wird, drehen sich die Texte um die Gegenwart: »Idiot Box« beschreibt digitale Echokammern, »Southern Life (What It Must Be Like)« widmet sich nötigen Perspektivwechseln und Mutterschaft. »Afterlife« ist von einem weiblichen Fan inspiriert, mit dem sich die Musikerin angefreundet hat. Jene Frau starb an einer schweren Krankheit in einem Hospiz, in dieser Zeit schrieb Van Etten den Song.
Das Finale ist ein Liebeslied. »I want you here /Even when it hurts«, heißt es hier. Verbunden bleiben, auch wenn es komplizierter wird: Das muss Liebe sein.
Sharon Van Etten: Sharon Van Etten & the Attachment Theory (Jagjaguwar)