Jungle+ Artikel 24.04.2025
Eine Würdigung der sowjetischen Kunstturnerin Marija Gorochowskaja

Die fast vergessene Olympia-Heldin

Bis heute ist der 1952 aufgestellte olympische Medaillenrekord der Kunstturnerin Marija Gorochowskaja nicht übertroffen worden – aber ihren Namen kennt kaum jemand mehr.

Die Welt hat eine Frau zu Unrecht aus dem kollektiven Gedächtnis gestrichen, die nicht nur Sportgeschichte schrieb, sondern auch ein Leben führte, das stürmischer kaum hätte sein können. Ihre sportlichen Leistungen suchen ihresgleichen: Zehnmal wurde Marija Gorochowskaja sowjetische Staatsmeisterin im Turnen, und als die Sowjetunion 1952 zum ersten Mal an Olympischen Spielen teilnahm, gehörte sie dem Team an. Die Sommerspiele von 1952 fanden in ­Helsinki statt und niemand rechnete damit, dass eine schon 30jährige Frau eine historische Leistung erbringen würde. Die hochmotivierte Marija gewann nicht weniger als sieben Medaillen, fünf silberne und zwei goldene. Doch der Weg zu diesen Triumphen war lang und hart.

Marija Kondratjewna Gorochowskaja wurde am 17. Oktober 1921 in Jewpatorija auf der Krim geboren. Die Stadt mit ihrer mehr als 2.500 Jahre langen Geschichte war damals eine der kulturell vielfältigsten der Welt. Christen, Muslime und Juden lebten neben- und mit­einander, wenn auch selten lang in Harmonie, und es gab die heute in Europa kaum noch vorhandene Gruppe der Karäer, die sich vom rabbinischen Judentum abgespalten hatte.

Gorochowskajas Familie gehörte zu den Aschkenasim, also zur Hauptgruppe des mittel- und osteuropäischen Judentums, war aber nicht sonderlich religiös. Ihr Vater Kondratij war ein fortschrittlich eingestellter Mann und förderte früh die sportlichen Talente seiner Tochter. Marija war nämlich eine leidenschaftliche Turnerin, Läuferin, Springerin, kurz: Ihr machte alles Spaß, was mit Leichtathletik zu tun hatte, und sie war sehr gut darin. Schon während ihrer Schulzeit ­gewann sie erste lokale Meisterschaften.

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