01.05.2025
Das Missbrauchsopfer Angelina Chatschaturjan ist angeklagt, ihren Vater ermordet zu haben

Posthume Gerechtigkeit

Am Montag vergangener Woche erkannte ein Moskauer Gericht knapp sieben Jahre nach seinem Tod Michail Chatschaturjan posthum für schuldig, seine Töchter sexuell missbraucht zu haben. Diese, damals noch Teenager, hatten ihn damals getötet. Mit dem Gerichtsentscheid könnte nun auch der Mordvorwurf gegen Angelina Chatschaturjan vom Tisch sein.

Angelina Chatschaturjan könnte mit großer Wahrscheinlichkeit ein ganz normales Leben führen, wäre da nicht ihr Vater gewesen. Zusammen mit ihren beiden Schwestern Krestina und Maria war sie dem gewalttätigen Mann in den häuslichen vier Wänden über Jahre hinweg ausgeliefert.

Nach der Trennung von seiner Frau misshandelte Michail Chatschaturjan die drei Teenager systematisch – bis sie es nicht mehr aushielten. Ende Juli 2018 beschlossen sie, ihren Qualen ein Ende zu bereiten. Mit einem Hammer droschen sie auf den im Sessel eingeschlafenen Vater ein. Angelina versetzte ihm mit einem Jagdmesser einen tödlichen Stich. Zum Tatzeitpunkt war sie 18 Jahre alt, ihre Schwestern 17 und 19. Die Anklage lautete auf Mord.

Verurteilt wurde Michail Chatschaturjan wegen sexuellen Missbrauchs, Körperverletzung und der Erstellung und Weitergabe pornographischer Inhalte. Anhand ausführlicher Kommunikation bei Messaging-Diensten und anderen sozialen Medien mit nahestehenden Personen ließen sich die Aussagen der Töchter seit 2014 dokumentieren.

Zunächst mussten die drei jungen Frauen in Untersuchungshaft, bis sie unter Auflagen freikamen. Seither ist es Angelina untersagt, mit ihren Schwestern direkt zu kommunizieren und das Internet zu nutzen. Arbeiten darf sie, ihre Zukunft zu planen, ist unmöglich. Auf gemeinsam vollzogene vorsätzliche Tötungsdelikte stehen bis zu 20 Jahre Haft.

Die Justiz hatte es mit dem Fall, der in der Öffentlichkeit hohe Wellen schlug, sichtlich nicht eilig. Erst 2021 gelang es, eine Anerkennung der drei als Opfer von Gewalt durchzusetzen. Am Montag vergangener Woche erkannte ein Moskauer Gericht schließlich posthum Michail Chatschaturjan für schuldig, seine Töchter sexuell missbraucht zu haben.

Verurteilt wurde er auch wegen Körperverletzung und der Erstellung und Weitergabe pornographischer Inhalte. Anhand ausführlicher Kommunikation bei Messaging-Diensten und anderen sozialen Medien mit nahestehenden Personen ließen sich die Aussagen der Töchter seit 2014 dokumentieren.

Angelinas Anwältin Mari Dawtjan bezeichnete den Entscheid als »seelische Befriedigung«. Es ist zweifellos ein Sieg über die gängige russische Justizpraxis, die Opfern häuslicher Gewalt gegenüber ignorant ist. Der Mordvorwurf könnte nun vom Tisch sein und der Fall stattdessen als Selbstverteidigung eingestuft werden. Davon profitieren neben den Schwestern potentiell auch andere weibliche Angeklagte mit ähnlichem Schicksal.