Homestory #18/2025
Das Büro Ihrer Lieblingszeitung befindet sich in einem sogenannten Gartenhaus: ein kleineres Häuschen im Hinterhof. Von unseren Nachbarn kriegen wir ziemlich viel mit, wenn sie Musik spielen oder im Hof mal eine rauchen gehen. Einige sieht man besonders häufig – sie gehören zu einer Gruppe, die bei vielen einen schlechten Ruf hat und der sogar unterstellt wird, dass sie gerne klaut.
Doch wie so viele Vorurteile entspricht auch dieses nicht der Wahrheit. »Elstern haben schon lange den Ruf als diebische Langfinger, jedoch völlig unbegründet«, kann man auf der Website des Naturschutzbunds Deutschland erfahren. Die hübschen Vögel mit dem markanten weiß-blau-schwarzen Gefieder würden zwar durchaus mal Drähte zum Nestbau verwenden, das »gezielte Stehlen von glitzernden Gegenständen konnte ihnen aber nicht nachgewiesen werden«.
Manchmal haben die Elstern Glück und der Napf unseres gelegentlichen Bürohundes steht vor der Tür. Dann bedienen sie sich einfach da.
Wir können also beruhigt sein. In unserem kleinen Hinterhof hat nämlich ein Elsternpaar sein Nest gebaut. Die beiden sind kaum zu übersehen: Sie stolzieren fast jeden Tag im Hof herum, so dass man sich fragt, ob sie eigentlich nie die große, weite Welt von Berlin-Mitte erkunden, um sich etwas zu essen zu holen. Manchmal haben sie Glück und der Napf unseres gelegentlichen Bürohundes steht vor der Tür. Dann bedienen sie sich einfach da.
»Die intelligenten Tiere merken sehr schnell, wenn sie beobachtet werden, und verhalten sich dann auffällig unauffällig«, ist außerdem beim Naturschutzbund zu lesen. Das kann Ihre Lieblingszeitung nicht bestätigen. Vielmehr haben die Elstern die merkwürdige Angewohnheit, vor unseren Fenstertüren herumzuhüpfen und manchmal sogar mit dem Schnabel an die Scheibe zu klopfen. Manchmal klopfen sie auch an den metallenen Mülleimer und Aschenbecher, der bei uns vor der Tür steht.
Mit dem Schnabel an die Scheibe klopfen
Hier kann der bayerische Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) aufklären: »Der Grund für dieses Verhalten liegt in der Jahreszeit: Während der Balzzeit im Frühling besetzen die Männchen ihr Brutrevier und verteidigen es gegen mögliche Rivalen. Entdecken die Vögel ihr Spiegelbild in den Fensterscheiben, fühlen sie sich von einem vermeintlichen Rivalen bedroht. Sie greifen ihn an und versuchen, ihn zu vertreiben. Nur ist das bei einem Spiegelbild nicht so einfach … «
Tatsächlich ist es der armen Elster noch nicht gelungen, ihr Spiegelbild zu vertreiben. Die Tiere würden sich dabei nicht verletzen, aber Stress bedeute es schon, schreibt das LBV. Doch man kann beruhigt sein: »Spätestens im Juni, wenn die Jungtiere geschlüpft sind, ist das Phänomen der ›Spiegelfechter‹ dann vorbei.« Ob das Leben der Elstern dann weniger stressig wird, darf jedoch bezweifelt werden.