01.05.2025
Wie sich der Denkaufwand pro Aussage reduzieren lässt

Wenn Personen zu Teilen werden

Über eine besonders unangenehme Methode, den Denkaufwand pro Aussage zu senken.

Zu den großen Kräften, die den Sprachgebrauch bestimmen, gehört im Zeitalter der prekären Arbeit und der digitalen Kommunikation der Zeitmangel. Das heißt nicht, dass weniger gesprochen beziehungsweise getippt wird – im Gegenteil –, sondern sparsamer. Gespart wird nicht nur an lästigen, wenn auch sinnverändernden Kleinigkeiten, wie Bindestrichen und Interpunktionszeichen, vielmehr insgesamt am Denkaufwand pro Aussage.

Ganz ausgezeichnet eignen sich für derlei Rationalisierungsmaßnahmen das Substantiv »Teil« sowie die dazugehörigen Adverbien »teilweise«, »teils« und »zum Teil«, deren Verwendung sich wachsender Beliebtheit erfreut, wohl weil man so unterlassen kann, die berühmten W-Fragen (wer, was, wie?) zu beantworten.

Wenn es heißt, jemand sei Teil einer Band, muss man nicht nicht mehr nachgucken, ob dieser Jemand Bass oder Schlagzeug gespielt hat; wenn jemand Teil einer Bewegung genannt wird, spart man sich die Aussage über dessen Funktion oder die Unterscheidung zwischen Mitgliedschaft und Sympathisantentum.

Mit »teils« kann man einfach Behauptungen aufstellen, die man ansonsten im Zweifelsfall begründen können müsste. Die lapidare Aussage, dass eine Partei teils rechtsextrem oder sonst etwas sei, ist so eine Behauptung: Weil man sich nicht traut, diese Partei in toto als rechtsextrem oder sonst etwas zu bezeichnen (oder weil man ahnt, dass es ganz so einfach nicht ist), wird die Einschränkung eingefügt, die einem erspart, zumindest kurz darlegen zu müssen, wer in und was an dieser Partei rechtsextrem ist und wie sich das äußert. Ein großes Wort ist rausgehauen, vor dessen Konsequenzen man sich mit »teils« zu drücken versucht.

Ähnlich denkfaul verhält es sich mit der Verwendung des Substantivs: Wenn es heißt, jemand sei Teil einer Band, muss man nicht nicht mehr nachgucken, ob dieser Jemand Bass oder Schlagzeug gespielt hat; wenn jemand Teil einer Bewegung genannt wird, spart man sich die Aussage über dessen Funktion oder die Unterscheidung zwischen Mitgliedschaft und Sympathisantentum.

Unangenehm stößt bei den so beliebten »Teil«-Formulierungen obendrein auf, dass sie im Umkehrschluss suggerieren, eine Person gehöre mit Haut und Haar zu einem organischen Ganzen, einer Art Körper, dessen, nun ja, Teil sie ist.