Ein Montag wie der andere
Es gibt wenige Dinge im Leben, die für die Ewigkeit gemacht sind. Das Rezept meiner Oma für Hühnersuppe mal ausgenommen. Aber der Arbeitsplatz gehört in der Regel nicht dazu, zumindest gehören die Zeiten, als einer davon für ein ganzes Arbeitsleben reichte, weitestgehend der Vergangenheit an.
Seit Jahrzehnten werden in allen Bereichen prekäre Anstellungsverhältnisse durchgesetzt, können Freiberufler und gig worker nur noch von den stabilen Verhältnissen einer Festanstellung träumen, und der Euphemismus »lebenslanges Lernen« steht für die Notwendigkeit, sich immer wieder für neue Arbeitsbereiche trainieren zu lassen, weil die alten Qualifikationen vom Markt nicht mehr nachgefragt werden.
Irgendwann ändert sich die Stimmung, unweigerlich wächst die Unzufriedenheit.
Und trotzdem sind Arbeitsplatzwechsel hierzulande gar nicht so häufig. Knapp 42 Prozent der Erwerbstätigen waren 2023 seit mindestens zehn Jahren bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. 20 Prozent arbeiteten seit fünf bis zehn Jahren am selben Arbeitsplatz. Das ist nur wenig kürzer als eine deutsche Durchschnittsehe; die hält nämlich 14,8 Jahre. Wer einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat, kündigt seltener von sich aus. Frauen trennen sich vielleicht deshalb auch früher als Männer. Ihre Verträge sind häufiger befristet.
Die ersten Monate auf der neuen Stelle fühlen sich oft noch gut an: Alles ist spannend, man ist motiviert, zieht sich morgens sogar ohne Widerstreben fürs Büro an und antwortet auf Mails, ohne passiv-aggressive Formeln zu benutzen wie: Beste Grüße. Doch irgendwann ändert sich die Stimmung, unweigerlich wächst die Unzufriedenheit.
Allmählich wird aus der Teamarbeit ein Gruppentherapiesitzung, weil die Kollegen ihren Frust irgendwo besprechen müssen, und aus dem offenen Büro eine akustische Vorhölle. Und da sitzt man dann, zwischen Druckern, Deadlines und Dieter aus der Buchhaltung, der jeden Montag fragt, warum man so müde aussieht. Innerlich ist die Kündigung längst geschrieben.
Lauf davon!
Freuen Sie sich mehr auf die Feueralarmübung als auf das nächste Teammeeting? Können Sie an der Stärke des Bürokaffees erkennen, wer ihn gekocht hat? Betrifft der einzige »Change« in der »Change-Management-Kampagne« die Schriftart der Powerpoint-Präsentation? Das alles können Zeichen sein, dass es an der Zeit ist zu kündigen. Auch wenn jede dritte Mail zwar die Worte »leistungsorientiert«, »flexibel« und »Eigenverantwortung« enthält, das Gehalt aber seit acht Jahren gleichgeblieben ist, oder wenn Chef davon spricht, dass »wir hier eine Familie« seien, sollte man weglaufen.
Klar, viele treibt eher die Angst um, vor die Tür gesetzt zu werden. Aber manchmal ist der einzig richtige Schritt der zur Tür hinaus, und allein schon das Wissen um die Möglichkeit, ihn zu gehen, ist befreiend. Denn am Ende schulden wir unseren Chefs einen Scheiß! Wer im Kapitalismus vollen Einsatz der Beschäftigten will, muss mehr bieten als Kicker-Tisch, Obstkorb und einen wöchentlichen Newsletter mit »wertschätzender Kommunikation«.