Überstunden für die Grenzpolizei
Es war der Standardsatz konservativer Innenpolitiker, mit dem der neue Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch vergangener Woche seine erste Pressekonferenz einleitete. Bei der »illegalen Migration« seien die »Zahlen nach wie vor deutlich zu hoch«, sagte er. Neu war allerdings, was er daraufhin anordnete: Die Bundespolizei soll an allen deutschen Grenzen Asylsuchende zurückweisen – wie es der CDU-Vorsitzende und Kanzler Friedrich Merz im Wahlkampf versprochene hatte. Ausgenommen sein sollen lediglich Schwangere, unbegleitete Minderjährige und sogenannte Vulnerable, also besonders Schutzbedürftige.
An den EU-Außengrenzen weisen Staaten wie Ungarn, Polen, Kroatien oder Litauen Schutzsuchende schon länger ab. An EU-Binnengrenzen wie jenen Deutschlands ist Dobrindts Schritt indes in dieser Form bisher einmalig. Denn frühere Bundesregierungen hatten akzeptiert, dass das EU-Recht verlangt, ein Asylgesuch zunächst zu prüfen, bevor die Person abgeschoben werden kann. Es ist gut möglich, dass die Zurückweisungsanordnung von Gerichten kassiert wird, weil sie gegen EU-Recht verstößt. Doch bis dahin könnten Monate vergehen.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei meinte, es sei »spannend zu sehen, wie die Nachbarländer reagieren, ob diese die Zurückgewiesenen nehmen« oder ob es ein »Pingpong-Spiel an der Grenze« gebe.
Den Normalfall des Schengener Abkommens gibt es schon seit Oktober 2023 nicht mehr: Seitdem werden die deutschen Landgrenzen zu großen Teilen kontrolliert. Im zweiten Halbjahr 2024 wies die Polizei dabei insgesamt 22.856 Personen zurück. Das betraf bisher aber nur Menschen, die kein Asylgesuch äußerten, sowie jene, gegen die eine temporäre Einreisesperre verhängt worden war – etwa nach einer Abschiebung.
Noch kein Abonnement?
Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::