Jungle+ Artikel 15.05.2025
Die neue Bundesregierung lässt Asylsuchende an den Grenzen zurückweisen

Überstunden für die Grenzpolizei

Es war eine der ersten Amtshandlungen der neuen Bundesregierung: Seit einer Woche werden Asylsuchende an deutschen Grenzen zurückgewiesen. Das sorgt für Protest in Nachbarstaaten und verstößt gegen EU-Recht.

Es war der Standardsatz konservativer Innenpolitiker, mit dem der neue Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch vergangener Woche ­seine erste Pressekonferenz einleitete. Bei der »illegalen Migration« seien die »Zahlen nach wie vor deutlich zu hoch«, sagte er. Neu war allerdings, was er daraufhin anordnete: Die Bundespolizei soll an allen deutschen Grenzen Asylsuchende zurückweisen – wie es der CDU-Vorsitzende und Kanzler Friedrich Merz im Wahlkampf versprochene hatte. Ausgenommen sein sollen lediglich Schwangere, unbegleitete Minderjährige und sogenannte Vulnerable, also besonders Schutzbedürftige.

An den EU-Außengrenzen weisen Staaten wie Ungarn, Polen, Kroatien oder Litauen Schutzsuchende schon länger ab. An EU-Binnengrenzen wie jenen Deutschlands ist Dobrindts Schritt indes in dieser Form bisher einmalig. Denn frühere Bundesregierungen hatten akzeptiert, dass das EU-Recht verlangt, ein Asylgesuch zunächst zu prüfen, bevor die Person abgeschoben werden kann. Es ist gut möglich, dass die Zurückweisungsanordnung von Gerichten kassiert wird, weil sie gegen EU-Recht verstößt. Doch bis dahin könnten Monate vergehen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei meinte, es sei »spannend zu sehen, wie die Nachbarländer reagieren, ob diese die Zurück­gewiesenen nehmen« oder ob es ein »Pingpong-Spiel an der Grenze« gebe.

Den Normalfall des Schengener Abkommens gibt es schon seit Oktober 2023 nicht mehr: Seitdem werden die deutschen Landgrenzen zu großen Teilen kontrolliert. Im zweiten Halbjahr 2024 wies die Polizei dabei ins­gesamt 22.856 Personen zurück. Das betraf bisher aber nur Menschen, die kein Asylgesuch äußerten, sowie jene, gegen die eine temporäre Einreisesperre verhängt worden war – etwa nach einer Abschiebung.

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