Kulturelle Planspiele
Das Entsetzen war groß, als bekannt wurde, dass ausgerechnet der stramm rechte Publizist Wolfram Weimer Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien in der schwarz-roten Koalition wird. Nicht nur weite Teil der Kulturszene und die eher linken Medien des Landes zeigten sich schockiert, selbst in der bürgerlichen Presse wurden erhebliche Zweifel an der Personalie laut: Ein Kulturstaatsminister, der bislang nicht durch größeres kulturelles Interesse aufgefallen ist? Der 2018 ein »Konservatives Manifest« geschrieben hat, in dem es allerlei kaum verklausulierte Blut-und-Boden-Rhetorik gibt und das sich positiv auf »Der Untergang des Abendlandes«, das Hauptwerk des Antidemokraten Oswald Spengler, bezieht? Selbst Jürgen Kaube, Herausgeber der konservativen FAZ, bezeichnete den designierten Kulturstaatsminister ob derlei völkisch wirkender Positionen als »falschen Mann am falschen Platz«.
Wirklich interessant an dieser Personalie, jedenfalls deutlich interessanter als Weimers Thilo Sarrazin epigonal nacheifernde Autorenexistenz, ist die politische Gemengelage, die diese Berufung möglich machte. Dass die mitregierenden Sozialdemokraten das Thema Kultur offenbar weniger relevant finden, ist unschwer an der Tatsache abzulesen, dass sie die Besetzung des entsprechenden Amts auf Bundesebene schon in den vergangenen 15 Jahren stets ihren Koalitionspartnern überlassen haben.
Dass sie dieser Haltung auch in Zeiten weltweit reüssierender rechtspopulistischer Bewegungen treu bleiben, ist indes bemerkenswert. Zumal Bundeskanzler Friedrich Merz mit der Berufung eines Mannes, der unter Kultur offensichtlich weniger den komplexen Kulturbetrieb selbst versteht als vielmehr die reaktionäre Neuausrichtung grundlegender gesellschaftlicher Wertvorstellungen, genau in diese Richtung zielt.
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