05.06.2025
Der Vorsitzende der rechts­populistischen portugiesischen Partei Chega, André Ventura, jubelt

Erstmals Zweiter

In Portugal ist bei der Parlamentswahl die rechtsex­treme Partei Chega erstmals zweitstärkste Kraft geworden.

Bei der Parlamentswahl in Portugal ist die rechtsex­treme Partei Chega zweitstärkste Kraft geworden. Mit 22,76 Prozent der Stimmen liegt sie eigentlich ganz knapp hinter dem sozialdemokratischen Partido Socialista (PS, 22,83 Prozent).

Wie am Mittwoch vergangener Woche nach Auszählung aller Stimmen bekannt wurde, gewann sie aber noch zwei Überseemandate und stellt dadurch mit 60 Abgeordneten die größte Oppositionsfraktion; der PS kommt auf 58 Sitze. Vor Chega liegt nur noch das konservative Parteienbündnis Aliança Democrática (AD) des Ministerpräsidenten Luís Montenegro, das mit 31,8 Prozent leicht zulegte und auf 91 Mandate kommt.

Ventura, promovierter Rechtswissenschaftler und ehemaliger Fußballkommentator, ist ein klassischer Rechtspopulist, der Donald Trump imitiert. Er spricht von »arbeitsscheuen« Roma, »korrupten Eliten« und fordert chemische Kastration für Pädophile.

»Wir schreiben Geschichte. Von nun an wird in Portugal nichts mehr wie vorher sein«, rief der Chega-Vorsitzende André Ventura. Seine Anhänger jubelten. Chega, was auf Deutsch so viel heißt wie »es reicht«, wurde erst 2019 gegründet. Bei der Wahl im selben Jahr erhielt die Partei 1,3 Prozent, Ventura wurde ihr ­einziger Abgeordneter. 2024 kam Chega schon auf etwa 18 Prozent.

AD und Chega verfügen zusammen über eine absolute Mehrheit. Montenegro schloss aber eine solche Koalition aus, ebenso wie ein Bündnis mit dem PS. 

Anders als in Deutschland haben Koalitionen der beiden großen portugiesischen Parteien (AD und PS) keine Tradition. Montenegro strebt stattdessen an, seine Minderheitsregierung fortzusetzen, die aber als instabil gilt. Die Parlamentswahl im Mai war bereits die dritte Neuwahl in den vergangenen drei Jahren.

Unterschied »zwischen Wissenschaft und Meinung«

Der Oppositionsführer in spe frohlockte schon, nun habe man »das seit 50 Jahren herrschende Zweiparteiensystem getötet«, und prophezeit, bald werde man auch die Regierung stellen. Ventura, promovierter Rechtswissenschaftler und ehemaliger Fußballkommentator, ist ein klassischer Rechtspopulist, der Donald Trump imitiert. Er spricht von »arbeitsscheuen« Roma, »korrupten Eliten« und fordert chemische Kastration für Pädophile.

In seiner 2013 abgeschlossenen Doktorarbeit schlug er allerdings noch ganz andere Töne an. Da kritisierte er die »Stigmatisierung von Minderheiten« und den »kriminellen Populismus«. Auf seinen Geisteswandel angesprochen, sagte Ventura, er mache einen Unterschied »zwischen Wissenschaft und Meinung«.