Homestory #23/2025
Die Hochphase marxistischer Kongresse in den neunziger und nuller Jahren ist lange vorbei. Ein Format jedoch hat sich über die Jahre stoisch gehalten: der Kongress »Marx is Muss«, der am vergangenen Wochenende zum 18. Mal stattfand.
Wie viel die vom trotzkistischen Netzwerk »Marx 21« innerhalb der Linkspartei organisierte Veranstaltung inhaltlich tatsächlich mit ihrem Namensgeber zu tun hat, sei dahingestellt. Und auch wenn die Vorgängerorganisation Linksruck, die in den neunziger und nuller Jahren mit simplen Parolen und penetranten Agitationsansprachen auffiel, einigen noch in Erinnerung sein dürfte – hatte man einmal die Telefonnummer herausgerückt, gehörten nervende Anrufe zur Agitationsstrategie –, sind die Redaktionsmitglieder Ihrer Lieblingszeitung von diesen Bemühungen weitgehend verschont geblieben.
Wenn Ferat Koçak von der Linkspartei oder Christine Buchholz und Ramsis Kilani von der Marx-21-Abspaltung »Sozialismus von unten« vor der Haustür stehen ...
Nur ein Redakteur erinnert sich daran, im zarten Alter von 18 Jahren nach einer Veranstaltung von einer aschfahlen Frau angesprochen worden zu sein, die aussah wie Margit Carstensen in ihrer Rolle als DKP-Parteisoldatin in »Mutter Küsters’ Fahrt zum Himmel«.
Immer noch besser, als wenn heutige Vertreter wie Ferat Koçak von der Linkspartei oder Christine Buchholz und Ramsis Kilani von der Marx-21-Abspaltung »Sozialismus von unten« vor der Haustür stehen – könnte man meinen. Als Antidot gegen solchen »Sozialismus« – auch wenn unsere ideologiekritisch geschulten Leser das kaum nötig haben dürften – werfen wir in dieser Ausgabe einen ausführlichen kritischen Blick auf Linkspopulisten wie den dem Antisemitismus zugeneigten Jeremy Corbyn oder den trotzkistisch sozialisierten Jean-Luc Mélenchon von La France insoumise (LFI).
Revolutionär wie die deutsche Sozialdemokratie
Dass diese Partei wegen ihrer autoritären Strukturen gerade heftig kritisiert wird, hat bei den verhinderten Stalinisten von Marx 21 wohl keine Zweifel an der Einladung von LFI zum Kongress aufkommen lassen. Insgesamt schien man sich dort in einer ausgezeichneten Lage zu wähnen, denn wie ND berichtet, ist ein »Neustart als revolutionäres Netzwerk« geplant – so revolutionär, wie es eben die deutsche Sozialdemokratie in Linkspartei und SPD zu treiben pflegt.
Gleichwohl bleibt Marx natürlich ein Muss. Und daher rezensiert und empfiehlt Ihnen in dieser Ausgabe Chris Hofmann Uwe Wittstocks Buch über Karl Marx’ letzte Reise nach Algier.