»Bei LFI gibt es den Hof und den Dritten Stand«
Wie würden Sie die Partei La France insoumise (LFI) und ihren Anführer Jean-Luc Mélenchon einer deutschen Leserschaft vorstellen?
LFI ist heute die größte linke Partei in Frankreich, die anderen linken Parteien sind abgeschlagen. Das geht auf das Referendum über den »Vertrag über eine Verfassung für Europa« (VVE) im Jahr 2005 zurück. Jene linken Parteien, die sich damals für eine Stärkung der EU aussprachen, kollabierten in den Folgejahren. Mélenchon lehnte damals den VVE ab. An dieser Frage trennten sich die Wege von Mélenchon und der Sozialistischen Partei (PS), das markiert den Beginn seiner Karriere als Populist. Die Mehrheit der Bevölkerung stimmte damals gegen den VVE; die Linke, die sich für die EU aussprach, wurde von ihr als Teil eines »Establishments« gesehen. Mélenchon ist heute die Galionsfigur der französischen Linken, er hat bei drei Präsidentschaftswahlen kandidiert und bei der vergangenen 22 Prozent der Stimmen gewonnen. 2027 will er erneut antreten.
Was gab den Anstoß zu Ihrer Recherche?
Ausgangspunkt war der Fall Adrien Quatennens. Der ehemalige LFI-Abgeordnete wurde 2022 wegen häuslicher Gewalt verurteilt. Mélenchon und ein Teil der Parteiführung verteidigten ihren politischen Weggefährten und verrieten damit den Feminismus. Manche Parteimitglieder haben das nicht akzeptiert, sie haben angefangen, mit uns zu sprechen; andere haben die Partei verlassen. Als wir nach einem Jahr unsere ersten Interviews noch einmal lasen, wurde uns schier schwindelig, so häufig tauchte das Wort »Einflussnahme« auf.
»Sobald das Mikrophon ausgeschaltet war, sagten er und andere zu uns: ›Verdammt, ich habe auch an Säuberungen teilgenommen.‹«
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