»Wir lassen uns nicht in Gut und Schlecht spalten«
Warum gerade Jena?
Andreas Funk: Der Impuls kam Ende vergangenen Jahres von Soli-Gruppen, die von Repression betroffene Antifaschist:innen unterstützen: Man müsste mal eine bundesweite Antifa-Demo auf die Beine stellen und ein deutliches Zeichen der Solidarität mit den inhaftierten und untergetauchten Antifaschist:innen setzen. Zum Antifa-Ost-Verfahren und dem Budapest-Komplex gab es zahlreiche lokale Aktionen, aber eben noch nicht das große Ding, das alle zusammen auf die Straße bringt. Jena erschien uns sehr passend, weil es im Zusammenhang mit beiden Verfahrenskomplexen hier zahlreiche Hausdurchsuchungen und eine Festnahme gab.
Sandy Mies: Nicht zuletzt kommt Maja, die:der immer noch in Ungarn einsitzt, aus der Stadt. Wegen der vielen rechten Akteure, angefangen beim NSU, der aus Jena kommt, über Knockout 51 bis Björn Höcke, wird in Thüringen immer wieder antifaschistische Praxis ausgeübt. Den Beschuldigten im Antifa-Ost-Verfahren wird genau das vorgeworfen.
»Wenn eher zum bunten Gegenprotest mobilisiert wird, wie am 1. Mai dieses Jahr in Gera, ist es entspannter.«
Wie reagiert die Polizei in Thüringen auf antifaschistische Mobilisierung?
A.F.: Das kommt stark auf die Art der Mobilisierung an. Wenn alles schon auf Black-Block-Ästhetik hinweist, gibt es ein Großaufgebot. Bei der autonomen antifaschistischen Demo im September zur Landtagswahl in Erfurt hatten wir fast eine Eins-zu-eins-Betreuung und einen Wanderkessel. Wenn eher zum bunten Gegenprotest mobilisiert wird, wie am 1. Mai dieses Jahr in Gera, ist es entspannter.
S.M.: Stimmt. Zwar kommt es auch bei »buntem« Protest zu haarsträubenden Schikanen. Zugleich verliefen die bisherigen Budapest-Solidaritätsdemos in Jena ziemlich entspannt. Es ist schwer einzuschätzen, wie die Polizei im Juni auftritt.
Welche Gruppen stehen hinter dem Demonstrationsbündnis?
A.F.: Bundesweit haben sich Soli-Gruppen wie das Budapest Antifa Solidarity Committee, antifaschistische Gruppen und Kampagnen wie »NS-Verherrlichung stoppen« oder »Zeit zu handeln« und Bündnisse wie » … ums Ganze!« und die Interventionistische Linke zusammengefunden …
S.M.: … und kleinere linksradikale Strukturen und Leute hier aus Thüringen. Im Demo-Bündnis treffen sich verschiedene Generationen und Klein- und Großstadt-Antifas. Das heißt, auch viel aushandeln zu müssen. Es fühlt sich gut an, das gemeinsam auf die Beine zu stellen. Das stärkt uns hoffentlich auch nachhaltig. Dafür machen wir es ja.
»Als antifaschistische Bewegung stehen wir derzeit mit dem Arsch zur Wand.«
Vor zwei Jahren scheiterte ein Versuch, bundesweit Antifaschist:innen nach Thüringen zu mobilisieren, am Auftritt autoritärer Gruppen. Habt ihr Maßnahmen ergriffen, die solchen Situationen vorgreifen?
S.M.: Wir werden die Demo nicht absagen, weil sich irgendwelche Pfeifen ankündigen. Wir haben einen Demo-Konsens veröffentlicht und erwarten, dass der respektiert wird. Als antifaschistische Bewegung stehen wir derzeit mit dem Arsch zur Wand, erst recht in Thüringen. Wir müssen wieder in die Offensive kommen.
A.F.: Deshalb ist die Demo kein Ort, um innerlinke Konflikte auszutragen oder sie mit anderen Anliegen zu vereinnahmen. Unser Anliegen ist: Free all antifas! Wir sind solidarisch und lassen uns nicht in gute und schlechte Antifas spalten. Antifa ist notwendig. Wer das mitträgt, soll kommen.