Verkrampfte Nervosität
Güner Künier hat ihr zweites Album veröffentlicht – eine Nachricht, die alle erfreuen dürfte, die guter Musik etwas abgewinnen können. »Yaramaz«, zu Deutsch »Taugenichts«, hat sie die Platte genannt.
In den Neunzigern zog die Musikerin mit ihrer Familie aus der Türkei in die deutsche Provinz. Diesen biographischen Hintergrund, zu dem nicht zuletzt auch ein abgebrochenes Studium der Ingenieurswissenschaften gehört, verarbeitete sie schon auf ihrem ersten Album »Aşk« (2022), türkisch für Liebe.
Das neue Album funktioniert ebenso wie der Vorgänger, dessen Texte ebenfalls zwischen Englisch und Türkisch wechseln, ohne die Biographie seiner Interpretin zu kennen.
Das Cover von »Yaramaz« zeigt Künier in einer Art Harlekinkostüm, erstarrt in einer Tanzbewegung, das Bild flimmert wie das Standbild eines alten Röhrenfernsehers. Die Künstlerin, die feststeckt in der ewigen Rolle als Taugenichts, selbstgewählt durch das Verlassen des Geld versprechenden Karrierepfads? Doch das neue Album funktioniert ebenso wie der Vorgänger, dessen Texte ebenfalls zwischen Englisch und Türkisch wechseln, ohne die Biographie seiner Interpretin zu kennen.
Was »Aşk« ausmachte, war smarte Coolness, gar eine Kälte, die diese Lieder über Liebe durchzog und sie herausstechen ließ aus dem endlosen Einheitsbrei der Retro-Wave-Bands. Das Album wurde bestimmt von drückenden, düsteren Beats, darüber die oft leicht entrückte Stimme der Musikerin.
Energisch treibende Musik
Das neue Album ist mindestens ebenso cool, hier schlägt dies nun aber mehr aus in Richtung einer energisch treibenden Musik, die immer noch elektronisch und deutlich im New Wave beheimatet ist, gleichzeitig aber mehr Punk-Einflüsse zeigt.
»Yaramaz« ist auch klar von den Achtzigern beeinflusst, gleichzeitig in seinem Klang aber angenehm modern. Es lädt, genau wie der Harlekin auf dem Cover, zum Tanzen ein, behält aber gleichzeitig ein Maß an verkrampfter Nervosität bei, die es zu wirklich spannender Musik macht.
Güner Künier: Yaramaz (Flirt 99)