Der lange Marsch durch die Kommunen
Ende Mai wurde es Gewissheit: Der Kreisausschuss des Saale-Holzland-Kreises hat den finanziellen Zuschuss für den »Demokratieladen« in der Kleinstadt Kahla für das Jahr 2025 nicht bewilligt. Der hatte 8.000 Euro beantragt, was die AfD-Fraktion sowie der Bürgerinitiative Holzland ablehnten, während sich die Fraktion der CDU enthielt. Nur die gemeinsame Fraktion von Linkspartei und Grünen sowie die SPD stimmten für den Antrag, der somit die nötige Mehrheit verfehlte.
»Der Demokratieladen leistet seit über einem Jahrzehnt wichtige Arbeit in der politischen Bildung, der Erinnerungsarbeit und der Förderung demokratischer Kultur«, sagte die thüringische Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linkspartei) in einer öffentlichen Stellungnahme, und das »gerade in einer Region, in der rechte Strukturen besonders aktiv sind«. Dass die CDU diese Arbeit »aus parteitaktischem Kalkül oder Feigheit nicht aktiv unterstützt«, sei »politisch verantwortungslos und gefährlich«. Das Ziel der AfD sei die Zerschlagung jeglicher Form demokratischer Bildung.
Die Landesmittel für den Demokratieladen in Kahla sind dagegen längst bewilligt; sie machen rund 90 Prozent des Budgets aus. Der Vorgang in dem thüringischen Landkreis ist typisch für die Strategie der AfD. Die Partei nutzt ihre inzwischen beträchtliche Macht auf kommunaler Ebene, um missliebigen Einrichtungen die Mittel zu entziehen. Und anders als im Fall Kahla ist das oft existenzbedrohend.
Das Ziel der AfD ist die Zerschlagung jeglicher Form demokratischer Bildung, sagt die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss von der Linkspartei.
Zum Beispiel verweigerte der Stadtrat Wurzen im April dem örtlichen Netzwerk für Demokratische Kultur (NDK) die finanzielle Unterstützung. In einer geheimen Abstimmung votierten zwölf Stadträte gegen eine weitere Förderung, fünf stimmten dafür, drei enthielten sich. Mindestens eine der Gegenstimmen kam wohl von der CDU, denn die AfD hat im Stadtrat sieben Abgeordnete und die »Bürger für Wurzen«, die ebenfalls dagegen gestimmt haben könnten, haben vier.
Somit gibt es keine Fortführung des bisherigen städtischen Jahreszuschusses in Höhe von 12.800 Euro. Doch in diesem Fall ist vom Zuschuss der Kommune auch die Landesförderung abhängig. Damit verfällt die bereits zugesagte Finanzierung von 70.000 Euro durch den Kulturraum Leipziger Raum, der zu den Kulturförderungseinrichtungen des Bundeslands gehört.
Der Wurzener Verein wurde vor 25 Jahren gegründet, um das politische und kulturelle Feld nicht allein den Rechten zu überlassen. Regelmäßig gibt es Vandalismus gegen NDK-Einrichtungen, oft mit Hakenkreuzen und rechtsextremen Parolen.
Netzwerk für Demokratische Kultur angeblich »linkslastig«
Der Verein betätigt sich eher kulturell. Er bietet beispielsweise »Eine musikalische Reise durch die Literatur der Ukraine« oder ein »Offenes Schreibtreff für Frauen« an. Die AfD attackiert ihn dennoch, weil er angeblich linkslastig sei. Die Geschäftsführerin Martina Glass sagte dem MDR, dass das immer wieder behauptet werde, »damit Menschen gleich Vorbehalte haben«. Wahr sei es nicht.
Als kurzfristiger Ausweg aus der Misere des Vereins gilt das Angebot eines privaten Spenders, welcher für dieses Jahr zumindest den städtischen Zuschuss in Höhe von 12.800 Euro übernehmen will, sofern das möglich ist. Eine dauerhafte Lösung sind private Spenden jedoch nicht. Im sächsischen Weißwasser zum Beispiel hat der Stadtrat dem Kulturzentrum Telux die kommunalen Fördermittel in Höhe von 44.000 Euro für das laufende Jahr noch nicht bewilligt. Dies entspricht dem Gemeindeanteil von 15 Prozent, welcher nötig ist, um die vom Land finanzierte Förderung von 85 Prozent im Rahmen des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien zu erhalten.
Eine Spendenkampagne brachte in kurzer Zeit 30.000 Euro zusammen. Doch gerettet ist das Telux trotzdem noch nicht. »Es gab noch keine offizielle Annahme der Spenden durch den Stadtrat, was zwingend erforderlich ist, um das Geld durch die Stadt zu leiten, was wiederum Voraussetzung zur Ausweisung als Sitzgemeindeanteil ist«, sagte Patrick Pirl vom Telux der Jungle World. Die Kommune könnte das soziokulturelle Zentrum dementsprechend einfach abwickeln, indem es auf die Spenden verzichtete. Des Weiteren gebe es keinerlei Sicherheit für das kommende Jahr, so Pirl weiter: 2026 drohe »das gleiche Spiel«.
Mittelstreichungen gezielte Operationen der extremen Rechten
Der Landkreis Bautzen ist bereits Anfang des Jahres auf Vorschlag des Landrats und mit den Stimmen der AfD, CDU, Freien Wählern und BSW aus dem Projekt »Partnerschaften für Demokratie« ausgestiegen, mit dem im Landkreis verschiedenste Projekte finanziert wurden. Als Begründung wurde die Höhe der Eigenmittel von 50.000 Euro angegeben. Mit deren Streichung verzichtete der Landkreis bis 2032 auf 1,6 Millionen Euro an Bundesmitteln.
Die sächsische Linkspartei beklagt gerade in den Klein- und Mittelstädten des Lands einen Mangel an Kultur- und Demokratieprojekten. »Dass wir nun erleben müssen, dass weitere Förderungen gestrichen werden und etablierte und gut angenommene Kultureinrichtungen in Existenznöte geraten, vergrößert dieses Problem«, sagte die Landesfraktionsvorsitzende Susanne Schaper der Jungle World. Vielerorts handle es sich bei den kommunalen Mittelstreichungen um gezielte Operationen der extremen Rechten, meist von der AfD oder den Freien Sachsen angeführt.
Das Demokratieprojekte und kulturelle Einrichtungen in solch einer prekären finanziellen Lage stecken, habe auch sehr viel mit dem Verhalten der CDU zu tun, sagt Katharina König-Preuss. Deren Enthaltung oder sogar Zustimmung zu den Mittelkürzungen ermögliche es den extremen Rechten, ihre Ziele zu erreichen.