Melonen auf den Augen
»Die Expert(inn)en haben das iranische Atomprogramm nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, es zu beenden«, liest man auf dem Account »Bubblebarbarei« auf X. Und damit ist eigentlich alles gesagt. Beziehungsweise könnte alles gesagt sein, wenn da nicht die Wassermelonen-Linke wäre, die in besagtes Atomprogramm große Hoffnungen zu setzen scheint.
Ab hier wird es kompliziert: Das iranische Mullah-Regime ist nämlich in der Lesart dieser Leute eine Art friedliebender »Wohlfahrtsstaat« (so schrieb es tatsächlich jemand auf, natürlich, X), der dringend gegen die unmenschliche Aggression Israels verteidigt werden muss. Das Atomprogramm existiert natürlich nicht, um Massenvernichtungswaffen herzustellen, sondern um den Einwohnern und Einwohnerinnen des Landes Energie liefern zu können, was den US-amerikanischen und israelischen Kolonialisten nicht gefällt, weswegen sie das Land nunmehr mit Bomben überziehen.
Und dann wird Israel ausgelöscht und Gaza ist frei und der Iran auch.
So weit, so dämlich, aber tatsächlich auch noch nicht besonders kompliziert. Das wird es erst dadurch, dass die Wassermelonen inständig hoffen, der Angriff auf die iranische Atominfrastruktur werde endlich das Ende von Israel bringen. Und zwar durch – genau, iranische Atombomben, die es zwar in der Lesart dieser Leute nicht gibt, aber vielleicht finden sich ja doch irgendwo welche, man weiß ja nie. Und dann wird Israel ausgelöscht und Gaza ist frei und der Iran auch.
Aberaberaber, war da nicht noch was, nämlich »Frau, Leben, Freiheit«? Ja schon, eigentlich, aber im Grunde werden Frauen im Iran gar nicht unterdrückt, genauso wenig wie andere Minderheiten. Und außerdem ist das ganze Land geeint im Hass auf Israel, weil die Iraner und Iranerinnen nämlich genau wissen, dass ihnen ein Genozid droht, weswegen es wassermelonische Pflicht ist, an ihrer Seite zu stehen und Israel den Tod zu wünschen.
So ungefähr wird in diesen Köpfen gedacht, in manchen kommt noch bedingungslose Solidarität mit der Arbeiterbewegung des Iran hinzu, in anderen findet man auch die Houthis toll, und insgesamt ist das alles ein sehr großes Elend, wie halt immer und es nimmt und nimmt kein Ende.