Neue russische Repressalien
Unter dem Motto »Du bist nicht allein« fand am 12. Juni der alljährliche Solidaritätsmarathon russischer Oppositioneller zur Unterstützung in Russland inhaftierter politischer Gefangener statt. Zum dritten Mal riefen über zwei Dutzend Oppositionsmedien wie Meduza, Mediazona, TV Rain oder Novaya Gazeta Europe aus dem Exil zu Spendensammlungen auf. Dieses Datum eignet sich dafür wie kein anderes, denn offiziell wird an ihm die Verabschiedung der Deklaration über die staatliche Souveränität der damals noch sozialistischen russischen Sowjetrepublik im Jahr 1990 gefeiert. Die baltischen Republiken hatten zu diesem Zeitpunkt bereits dem Landesrecht Vorrang über das der Sowjetunion verliehen. Im Zuge dieses Prozederes entließ die Moskauer Staatsführung politisch Verfolgte in die Freiheit.
Zwar gab es auch im postsowjetischen Russland der neunziger Jahre politische Verfolgung, allerdings in überschaubarem Ausmaß – ganz anders sieht das drei Jahre nach Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine aus.
Seit März müssen »ausländische Agenten« Einkünfte aus Vermietungen, Immobilienverkäufen oder Dividenden auf einem Rubelkonto deponieren, auf das nur der Staat Zugriff hat.
Jewgenij Smirnow, Anwalt des Projekts »Abteilung Nummer eins«, das insbesondere Angeklagte unterstützt, die des Landesverrats bezichtigt werden, ist überzeugt, dass inzwischen gegen über 10.000 Menschen politisch motivierte Strafverfahren laufen. Der Name des von Journalisten und Anwälten getragenen Projekts bezieht sich auf die für Landesverrat und Spionage zuständige Ermittlungsabteilung des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB.
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