Free-Palestine-Cola und Kung-Fu-Nudeln
1. Weil wir erst am Nachmittag abfliegen, bin ich etwas zu früh am Berliner Flughafen. Die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Birmingham-Reise sind noch nicht da. Schnell skizziere ich schon mal den Eingangsbereich von Terminal 2. Als langsam die ersten Leute eintrudeln, zeichne ich sie dazu.
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2. Erste Redaktionssitzung in einem der beiden Redaktionshäuser, dem in der Northwood Street im Jewellery Quarter. Aus den Rotklinkerbauten ist die alte Industrie weitgehend verschwunden. In der Nachbarschaft gibt es viele kleine Cafés. Es ist »posh«.
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3. Ich bin im anderen Redaktionshaus, in Ladywood, untergebracht. Eine typisch englische Arbeitersiedlung in der Nähe des Stadtzentrums. Die Hälfte der Bewohner Ladywoods gehört Minderheiten an, 13 Prozent sind afrokaribisch, zwölf Prozent indisch und elf Prozent pakistanisch. Im Späti an der Ecke hängt zu allen Tageszeiten ein älterer Mann mit Dreadlocks und großer Häkelmütze rum. Spricht mit allen und trinkt Bier. Er ist nicht der Besitzer, den Shop betreiben Bangladeshis.
4. Der »Tesco«-Superstore ist tatsächlich super. Hier kauft die Nachbarschaft ein. Es gibt eine große asiatische, karibische, nordafrikanische, osteuropäische und sogar eine koschere Abteilung. »Tesco« teilt sich eine Wand mit einer Kirche! Was wie ein Sakrileg anmutet, entpuppt sich als harmlos: Die vermeintliche Kirche ist tatsächlich eine Bibliothek, die 1893 erbaute Spring Hill Library.
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5. Ich begleite eine Jungle-Abordnung zu einem Besuch der Birmingham Central Mosque in Highgate. Um genug Zeit zu haben, die Moschee zu zeichnen, entscheide ich mich kurzerhand, nicht mit auf die Besichtigungstour zu kommen. Zwei Stunden stehe ich draußen auf dem Parkplatz vor der Moschee und hinter dem Gebäude neben einer sechsspurigen Ausfahrtstraße, während die anderen drinnen über den Islam unterrichtet werden.
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6. Weil noch Zeit ist, halte ich auch den Blick auf die Highgate Street links von der Moschee fest. Schulkinder in Uniform und verschleierte Mütter spazieren an mir vorbei.
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7. Nach dem Moscheebesuch machen wir einen Spaziergang zur Ladypool Road. Im pakistanischen Restaurant »Meizban« essen wir zu Mittag. Ich wähle Punjabi Palak Aloo, Spinat und Kartoffeln gekocht in Butter. Sehr lecker. Dazu Mango Lassi statt Free-Palestine-Cola. Die steht auch auf der Karte.
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8. Wir fahren mit dem Bus nach Solihull, einer Kleinstadt mit gut 120.000 Einwohnern zwischen Birmingham und Coventry. Eigentlich wollen wir Hongkong-Chinesen in einem Café für Hunde und ihre Halter treffen. Leider ist es geschlossen. Es regnet die ganze Zeit.
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9. Im Restaurant »Pin Chuan« in der Hurst Street sind wir die einzigen Nichtchinesen. Im Hinterzimmer sitzen wir an einem riesigen Tisch, auf dem die Speisen auf einem automatischen Drehtisch langsam an uns vorbeiziehen. Das Restaurant ist so authentisch chinesisch, dass es kein Gericht mit Nudeln und Gemüse gibt. Es ist ein Fleischrestaurant.
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10. Eine riesigen Teller Suppe aus handgemachten Nudeln und Pak Choi kriege ich am nächsten Tag in der Hurst Street gegenüber bei »Kung Fu Noodle« serviert. Herrlich einfach, günstig und sehr lecker.
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11. Draußen hört es nicht auf zu regnen. Durch das Schaufenster von »Kung Fu Noodle« zeichne ich die gegenüberliegende »Missing Bar«. Zwei Tage vorher haben wir dort schon nachmittags angefangen zu trinken. »Nur ein kleines Bier«, war das Versprechen. Natürlich wurden ein paar mehr daraus.
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12. Im Zentrum von Birminghams Chinatown liegt der Arcadian Court. Im »Day In Oriental Supermarket« kaufen wir frisches Pad Choi und Soba-Nudeln. Zu Hause koche ich damit in unserer nur mit den Basics bestückten Küche ein wunderbar einfaches veganes Gemüsegericht.