Teurer Käse
In Griechenland droht wegen der hochinfektiösen Pocken bei Schafen und Ziegen ein landesweites Verbot des Transports dieser Tiere, wie die Regierung Mitte September angekündigt hat. Der Krankheitserreger, das Capripoxvirus, ist zwar nicht auf den Menschen übertragbar, aber die seit über einem Jahr grassierende Seuche, an der bereits Hunderttausende Tieren verendet sind, zeitigt auch so schlimme Folgen.
Die Griechen leiden bereits unter einer Krise der Lebenshaltungskosten. Die Epidemie droht, die Preise für Schaf- und Ziegenfleisch in die Höhe zu treiben und auch den Export des griechischen Markenzeichens Feta, des salzigen Weichkäses aus Ziegen- und Schafsmilch, erheblich zu beeinträchtigen.
Nur Käse aus bestimmten griechischen Regionen darf Feta genannt werden, darunter Epirus oder das ärmere nördliche Makedonien; auf dem südlichen Peloponnes findet Viehzucht in strukturschwachen, kaum industrialisierten Regionen statt. Feta ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Griechenland.
Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte die Regierung vorsorglich den Transport und die Zucht von Schafen und Ziegen im ganzen Land für zehn Tage verboten.
Griechenland hatte 2024 die größte Ziegenpopulation Europas. Aber mehr als 270.000 Schafe und Ziegen mussten in den vergangenen zwölf Monaten notgeschlachtet werden – etwa zwei Prozent des nationalen Bestands. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte die Regierung vorsorglich den Transport und die Zucht von Schafen und Ziegen im ganzen Land für zehn Tage verboten.
Über tausend Betriebe, in denen Fälle auftraten, mussten schließen und stehen vor existenzbedrohenden finanziellen Problemen. Entschädigungen in Höhe von insgesamt 42 Millionen Euro wurden der Tageszeitung Ekathimerini zufolge trotz der Genehmigung durch die EU bisher nicht ausgezahlt.
Agrarentwicklungsminister Kostas Tsiaras behauptete im Interview mit der griechischen Agrarnachrichtenwebsite Agrocapital, die avisierten 250 Euro pro Tier lägen weit über den üblichen Summen der EU, in der rund 95 Euro gezahlt werde. Der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zufolge werden allerdings bei ähnlichen Fällen in diesem Bundesland bis zu 800 Euro pro Tier ausgezahlt.
Auch das Grundwasser könnte verseucht werden
Mittlerweile wurden notwendige Hygienemaßnahmen eingeführt – zu spät, wie von vielen kritisiert wird – und beispielsweise auch Fahrzeugreifen an den Grenzen betroffener Regionen desinfiziert. Man hätte erwartet, dass die Bauern solche Schritte vorher in Eigenverantwortung unternommen hätten, heißt es von Seiten der Regierung. Weiterhin nicht umfassend kontrolliert werden importierte Tiere, mit denen gekeulte Herden ersetzt werden.
Die schiere Menge der getöteten Tiere könnte für weitere Probleme sorgen. Das Verbrennen der Kadaver ist die sicherste, aber auch aufwendigste Methode, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Davor müssen die verendeten Tiere teilweise tagelang gelagert werden. Bei der Erdbestattung werden die Kadaver in Plastikfolie eingeschweißt, allerdings könnten die Folien durch den Druck von Verwesungsgasen reißen. Dann, so die Befürchtung der Viehzüchterverbände, könnte neben dem Erdreich auch das Grundwasser mit dem Virus verseucht werden.
Es ist die zweite Tierseuche innerhalb kürzester Zeit. Im vergangenen Jahr hatte bereits die Pest der kleinen Wiederkäuer (PPR) Schaf- und Ziegenherden dezimiert. In Thessalien ertränkten im Vorjahr zudem reißende Gewässer nach Dauerregen und Stürmen komplette Herden.
Sondergenehmigungen für Notfallimpfungen
Die Viehzüchterverbände bestehen auf einer Impfkampagne, die das Agrarministerium bislang ausschließt. Tsiaras verweist darauf, dass ein vorhandenes Impfserum nicht genügend getestet sei und die EU es verbiete. Zudem würde in keinem EU-Staat gegen die Schafpocken geimpft. Die Impftechnologie stamme aus Jordanien und sei ineffektiv, behauptet Tsiaras.
Allerdings wurde in Griechenland vor einigen Jahrzehnten durchaus gegen die Schaf- und Ziegenpocken geimpft, und zwar in einem Umkreis von einigen Kilometern um betroffene Betriebe, und nur die Tiere dort wurden gekeult. Diese Praxis führte dazu, dass die Krankheit rasch und wirksam eingedämmt werden konnte und nicht endemisch wurde.
Die Impfstoffe wurden nicht importiert, sondern von einer staatlichen Agentur, dem damaligen Athener Institut für biologische Produkte des Landwirtschaftsministeriums, hergestellt. Die Agrarpolitik der EU unterband danach Routineimpfungen, es gibt allerdings Sondergenehmigungen für Notfallimpfungen. Der Nachbarstaat Bulgarien, der ebenfalls von der Seuche betroffen ist, hat bereits eine Erlaubnis eingeholt und bereitet sich auf eine Impfkampagne vor, Tsiaras’ Behauptungen zum Trotz. Es gab dort 160 diagnostizierte Fälle und im Vergleich zu Griechenland mit 18.000 relativ wenige gekeulte Tiere.
Die USA verlangen, dass Importkäse aus der Milch ungeimpfter Tiere hergestellt wurde.
Die griechische Milchindustrie sträubt sich allerdings ebenso wie die in Bulgarien gegen Impfungen, die Betriebe wollen den Ankauf von Milch geimpfter Tiere verweigern. Sie behaupten, damit könnten sie keinen Feta mehr exportieren, und tatsächlich könnte der Export in einige wichtige Märkte schwieriger werden; die USA beispielsweise verlangen, dass Importkäse aus der Milch ungeimpfter Tiere hergestellt wurde.
Der Präsident des griechischen Viehzuchtverbands, Dimitris Moschos, kommentierte dies gegenüber der Tageszeitung Efsyn: »Die Regierung argumentiert, es gebe keine Studien zur Wirksamkeit der Impfung und die Milchindustrie werde davon betroffen sein. Beide Argumente haben sich als falsch erwiesen. Marokko impft seit 2020 und hat seit zwei Jahren keinen neuen Fall gemeldet. Was Feta betrifft, so gibt es kein Problem, da die Milch obligatorisch pasteurisiert ist.«
Leidtragende dessen, dass sich bislang die Impfverweigerer in Regierung und Milchindustrie durchgesetzt haben, sind die Landwirte. Zu den Geschädigten gehören auch die Konsumenten, die höhere Preise für Feta und Fleischprodukte zahlen müssen.