»Etwas, das gemacht werden muss«
Warum sind die Antifa-Wochen wichtig?
Lea: Antifa als Thema ist im Kontrast zur großen Aufmerksamkeit für das erste Antifa-Ost-Verfahren und zu den gesellschaftlichen Entwicklungen stark in den Hintergrund gerückt. Gerade in Ostdeutschland ist das inakzeptabel. Das Ziel ist es, diejenigen zusammenzubringen, die noch bereit sind, etwas gegen faschistische Tendenzen zu unternehmen.
Beim Antifa-Ost-Verfahren ist unter anderem die Antifaschistin Lina E. zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Wie schätzt ihr die derzeitige Repressionslage ein?
Alex: Die Frage lässt sich nicht kurz beantworten. Zumindest so viel: Zustände wie in den USA, wo seit kurzem »die Antifa« als Terrororganisation verboten ist, haben wir hier nicht. Antifaschistische Praxis ist immer noch möglich.
»Wir stellen auch fest, dass sich mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt immer mehr Menschen beschäftigen. Über Faschismus und Nazi-Strukturen lässt sich das nicht sagen. Sich antifaschistisch zu engagieren, bleibt aber wichtig, auch in Leipzig.«
In eurem Aufruf sprecht ihr explizit auch frisch zugezogene Studierende zum Semesterbeginn an. Gegenwärtig scheinen sich junge Menschen vor allem für den Gaza-Krieg zu interessieren und weniger für die Antifa. Wie erlebt ihr das?
Lea: Wir stellen auch fest, dass sich mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt immer mehr Menschen beschäftigen. Über Faschismus und Nazi-Strukturen lässt sich das nicht sagen. Sich antifaschistisch zu engagieren, bleibt aber wichtig, auch in Leipzig. Damit hier Nazi-Strukturen keinen Stand haben, muss man sich anhaltend engagieren. Das geht alle an und reicht auch über die Stadt hinaus. In der Provinz kämpfen meist sehr wenige gegen die örtlichen extrem rechten Strukturen an. Wir wollen alle ansprechen, die bereit sind, sich mit den konkreten Begebenheiten vor ihrer Haustür zu beschäftigen. Die Antifa-Wochen sind dafür eine erste Anlaufstelle.
Zur großen Demonstration am 25. Oktober betont ihr, dass es nicht um politische Identitäten gehen soll. Was bedeutet das?
Alex: Die Demo am Ende der Antifa-Wochen richtet traditionell die Leipziger Gruppe »Rassismus tötet!« aus. Anlass ist das Gedenken an Kamal K., der 2010 in Leipzig von einem Nazi ermordet wurde. Ein antifaschistisches Gedenken – wie jede antifaschistische Aktion – ist in erster Linie eine Praxis, etwas, das gemacht werden muss. Sich lediglich mit den Werten »der Antifa« zu identifizieren, bedeutet noch nicht, auch wirklich etwas zu tun. Deswegen spielt diese »Antifa-Identität« für uns eine untergeordnete Rolle.
Wie muss eine antifaschistische Praxis zukünftig aussehen?
Lea: Antifa ist kein populäres Thema und eignet sich in diesen ernsten Zeiten nicht mehr für einen positiven Identitätsbezug. Wir sehen, wie häufig auf Themen ausgewichen wird, mit denen sich angeblich Mehrheiten gewinnen lassen – teilweise mit abseitigen und romantisierenden Vorstellungen davon, was durch diese Mehrheitsmobilisierung erreicht werden könnte. Da machen wir nicht mit. Wir entwerfen daher auch kein Bild eines zukunftsfähigen Antifaschismus. Der Kampf gegen Faschismus wird zukunftsfähig, wenn er zu einer Bewegung innerhalb der Gesellschaft wird. Davon ist derzeit wenig zu sehen.
* Name von der Redaktion geändert
Zum Aufruf und Programm der Antifa-Wochen