23.10.2025
Diana Loginowa wurde in Russland wegen unbotmäßigen Gesangs inhaftiert

Die Kraft der Musik

Die Sängerin Diana Loginowa wurde in Russland verhaftet. Die 18jährige hatte in Sankt Petersburg Lieder von verfemten Musiker:innen gesungen, Videos davon gingen viral.

Diana Loginowa alias Naoko avancierte Mitte Oktober buchstäblich über Nacht zum Vorbild russischer Kriegsgegner:innen. Seit Frühjahr performt die 18jährige Musikstudentin als Vokalistin und Keyboarderin der Straßenband Stoptime an belebten Orten in Sankt Petersburg. In den vergangenen Wochen gingen Videos ihrer Auftritte viral: Loginowa umkreist von Dutzenden junger Fans, die mit eingeschalteten ­Taschenlampen ihrer Smartphones in den Abendstunden im Takt selig wippen. Als sei es eine Selbst­verständlichkeit, gab Loginowa Songs von Künstler:innen zum Besten, die in Russland als »ausländische Agenten« gelten und im Exil leben, darunter Stars wie Zemfira, Monetotschka – und Noize MC.

»Ich will Ballett sehen, lasst die Schwäne tanzen«, so die Strophe des gerichtlich verbotenen Lieds »Swan Lake Cooperative« des Rappers. Diese Anspielung bedarf in Russland keiner Erklärung: Während des Putschversuchs sowjetischer Kader gegen Gorbatschows Reformen 1991 lief die wohl bekannteste Tanzszene der Welt aus Tschaikowskijs Ballett »Schwanensee« im Fernsehen. Seither steht sie symbolisch für den Zusammenbruch der Sowjetunion und derzeit als Metapher für das von vielen herbeigesehnte Ende der Herrscherclique.

Während des Putschversuchs sowjetischer Kader gegen Gorbatschows Reformen 1991 lief die wohl bekannteste Tanzszene der Welt aus Tschaikowskijs Ballett »Schwanensee« im Fernsehen. Seither steht sie symbolisch für den Zusammenbruch der Sowjetunion und derzeit als Metapher für das von vielen herbeigesehnte Ende der Herrscherclique.

Im vierten Jahr der Großinvasion in der Ukraine traut sich kaum noch jemand, aufzubegehren gegen das russische Regime, das ein Verbot nach dem nächsten erlässt und überall Denunziant:innen hat. Nachdem ein Hinweis bei der Polizei eingegangen war, sich eine Journalistin über Loginowa echauffiert und der Duma-Abgeordnete Michail Romanow ein scharfes Vorgehen gefordert hatte, folgte die Festnahme. Loginowa sitzt nun eine 13tägige Haftstrafe wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung ab. Der Drummer und der Gitarrist der Band sitzen ebenfalls ein.

Auf Loginowa wartet ein Administrativverfahren wegen Diskreditierung der Armee. Als Vorwand dafür dient das Covern eines Songs von Noize MC, dessen ­Titel zu Deutsch »Lichtblick« heißt. Im Polizeiprotokoll steht, dass einer seiner ukrainischen Fans geschrieben habe, er habe diesen Song während Drohnen­attacken gehört. Sollte die Musikerin noch einmal wegen Diskreditierung angeklagt werden, werden Ermittlungen für ein Strafverfahren eingeleitet. Dann drohen ihr fünf Jahre Haft. Trotzdem traten am Wochenende in etlichen russischen Städten aus Solidarität Straßenmusikant:innen mit verbotenem Repertoire auf.