Rechts überholen
In der CDU debattieren sie mal wieder über die sogenannte Brandmauer zur AfD. Das Schauspiel ist mittlerweile altbekannt: Einige Hinterbänkler fordern, endlich »pragmatisch« mit den Rechtsextremen umzugehen, also mit ihnen zu koalieren oder sie wenigstens als Mehrheitsbeschaffer zu nutzen.
Die Führungsriege der Union hingegen tönt, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde – zumindest solange man selbst im Amt bleibe. Und unterdessen arbeitet man dort daran, sich politisch und rhetorisch der AfD immer mehr anzunähern.
Am Montag sagte der Bundeskanzler und CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, die AfD sei der »Hauptgegner« bei den fünf im kommenden Jahr anstehenden Landtagswahlen. »Ich kann nur jedem raten, es ernst zu nehmen, wenn wir jemanden als Hauptgegner bezeichnen«, so Merz. »Dann bekämpfen wir ihn wirklich. Und das ist uns mit den Grünen beim letzten Mal so gelungen.«
In den ostdeutschen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, wo nächsten Jahr gewählt wird, steht die AfD bei fast 40 Prozent.
Es pressiert bei der CDU, weil die AfD in Umfragen bundesweit bei mindestens 25 Prozent steht, in manchen Umfragen schon vor der Union. In den ostdeutschen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, wo nächsten Jahr gewählt wird, steht die AfD sogar bei fast 40 Prozent.
Die CDU wolle sich nun »noch intensiver« mit der AfD auseinandersetzen, kündigte Merz an. Außerdem solle der »Miesmacherrhetorik« der AfD ein positives Deutschlandbild gegenübergestellt werden. Auf die Frage, was man im Umgang mit der AfD nun anders machen wolle, antwortete Merz: »Gar nichts.«
»Probleme im Stadtbild«
Was die Union bisher tat, war bislang freilich so erfolgreich wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln. Das liegt vor allem daran, dass die »Bekämpfung« der AfD daraus bestand, sie in ihren rechten Forderungen zu überholen, ohne sie einzuholen, um eine Formulierung von Walter Ulbricht zu bemühen.
Darin unterscheidet sich der Umgang der Union mit ihren »Hauptfeinden«: Als es gegen die Grünen ging, verunglimpfte die Union jede noch so kleine umweltpolitische Forderung als sprichwörtlichen Untergang des Abendlandes. Doch die AfD will die Union bekämpfen, indem sie deren Politik vorwegnimmt.
In seiner Rhetorik ist der Bundeskanzler manchmal nur noch schwer von der AfD zu unterscheiden. Migration habe zu »Problemen im Stadtbild« geführt, hatte er kürzlich kundgetan. Auf die Frage eines Journalisten am Montag, ob er da etwas zurücknehmen wolle, antwortete Merz: »Im Gegenteil, ich unterstreiche es noch einmal. Wir müssen daran etwas ändern. Und der Bundesinnenminister ist dabei, daran etwas zu ändern.«
Abschieben, damit Deutschland wieder deutsch wird
Abschieben, damit Deutschland wieder deutsch wird, lautet also die Marschrichtung. So wird man es den Nazis richtig zeigen! Merz legte noch nach: »Ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben, und wenn unter diesen Kindern Töchter sind, dann fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort.«
Wer solche Konservative hat, braucht eigentlich keine extreme Rechte mehr. Aber die ist trotzdem da und könnte im Grunde nur jubilieren, wenn selbst der Bundeskanzler sagt, was sie schon immer gesagt hat. Die rechten Wähler dürften ihre Kreuze trotzdem weiterhin beim Original machen.
Und man ahnt es schon: Die nächste Debatte über die sogenannte Brandmauer steht spätestens nach den nächstjährigen Landtagswahlen in Ostdeutschland an. Der CDU dürfte mal wieder nur eine Lösung einfallen: selber noch weiter nach rechts zu rücken.