»Es hilft nur öffentlicher Protest«
Was haben Sie gegen Hochhäuser?
Im Prinzip haben wir nichts gegen Hochhäuser, wenn sie mit sozialem Wohnraum gefüllt sind, doch das wird hier überwiegend nicht der Fall sein.
Sondern?
Hier planen die Anschutz Entertainment Group und die Atrium Development GmbH den Bau von Hochhäusern in der direkten Umgebung der Warschauer Straße. Beim Anschutz-Projekt geht es vor allem um Gewerbe. Die Atrium Development GmbH baut Wohnraum, aber der größte Teil soll »freifinanziertes Wohnen« werden – wir rechnen mit teuren Eigentumswohnungen. An der Laskerstraße, in unmittelbarer Nähe zum Club »About Blank«, möchte das Unternehmen Trockland zwar kein Hochhaus bauen, dafür aber ein »Zwillingsprojekt« aus Büro und Hotel. Diese Projekte werden die Gentrifizierung, die die Gegend seit fünf bis sechs Jahren mit voller Wucht trifft, noch weiter beschleunigen.
»Unsere Chance sehen wir darin, dass nächstes Jahr Wahlen zum Abgeordnetenhaus stattfinden. Der derzeitige Senat aus SPD und CDU steht, auch aufgrund seiner stadtplanerischen Politik, nicht gut da.«
Sie richten Ihren Protest vorrangig an den Berliner Senat, nicht an die eigentlich für örtliche Baugenehmigungen zuständige Bezirksverwaltung. Warum?
Bei allen von uns kritisierten Projekten hat der Senat das Genehmigungsverfahren an sich gezogen und den Bezirk übergangen. Bei dem Hochhaus der Atrium Development GmbH war die Begründung, das Verfahren stecke beim Bezirk fest. Dabei gibt es in Berlin insgesamt 500 Bauplanverfahren, die schon vor dem Jahr 2000 eingeleitet worden sind. Das ist ein grundlegendes Problem dieser Stadt. Im Fall des Hotelprojekts von Trockland hat der Senat die Genehmigung erteilt, nachdem der Bezirk das Bauprojekt abgelehnt hatte. Da der Bezirk keine erfolgversprechenden Rechtsmittel gegen den Senat einlegen kann, hilft hier nur öffentlicher Protest.
Der Leerstand bei Büroflächen nimmt in Berlin immer weiter zu, er liegt einer aktuellen Auswertung zufolge bei fast acht Prozent. Warum sollten dann noch mehr Büros gebaut werden?
Das fragen sich viele im Bezirk. Zum Teil hat es mit der planungsrechtlichen Situation zu tun, die hier eigentlich Gewerbe und nicht Wohnen vorsieht. Deswegen wollen hier auch sogenannte hotelähnliche Unternehmen bauen, um durch diese Konstruktion doch noch Profite mit der Unterbringung von Menschen zu machen.
Gegen Gentrifizierung wird in Berlin seit Jahrzehnten gekämpft, oft hat man den Eindruck: erfolglos. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Klar, wir haben stadtpolitisch in den vergangenen Jahren viele Niederlagen erlebt. Unsere Chance sehen wir darin, dass nächstes Jahr Wahlen zum Abgeordnetenhaus stattfinden. Der derzeitige Senat aus SPD und CDU steht, auch aufgrund seiner stadtplanerischen Politik, nicht gut da. Unser Ziel ist, vor der Wahl Druck auf der Straße zu entfalten und mit dafür zu sorgen, dass diese Stadtpolitik abgewählt wird.