30.10.2025
Das Album »Homosapien« des verstorbenen Buzzcocks-Sängers Pete Shelley wurde wiederveröffentlicht

Coming-out in der Disco

Pete Shelley, bisexueller Frontmann der Buzzcocks, verband Punk und persönliche Freiheit – musikalisch wie privat. Mit seinem Album »Homosapien« gelang ihm 1981 ein elektro-punkiges Coming-out, das die BBC boykottierte.

Pete Shelley war bisexuell. Man könnte nun mit den Achseln zucken, doch interessant wird es, wenn man weiß, wer Shelley war, nämlich der Frontmann der Buzzcocks, einer der einflussreichsten britischen Punkbands. Ihr berühmtestes Lied »Ever Fallen in Love« schrieb er tatsächlich über einen Mann.

Und etwas überraschend ist es dann doch, dass Shelley etliche Male in Interviews unterstrich, wie egal seine sexuelle Orientierung zumindest den Punks war: »It didn’t really matter, it didn’t raise eyebrows if someone was gay.«

Das private Coming-out lief also super, das musikalische folgte dann auch, erst mit der ersten Soloplatte »Sky Yen«, die zwar bereits 1974 aufgenommen wurde, aber erst 1980 erschien. Statt drei Akkorden und drei Minuten pro Song findet man hier nur zwei lange Lieder, die beide einem elektronischen Gewitter gleichen, unüberhörbar von Kraftwerk inspiriert sind und ganz ohne Songtext oder Stimme auskommen. 

 Die BBC weigerte sich damals, den Titelsong »Homosapien« zu senden, aufgrund seiner angeblich zu deutlichen Anspielungen auf schwulen Sex

Das kürzlich wiederveröffentlichte Soloalbum »Homosapien« von 1981 hat dafür umso mehr Lieder und auch Texte – die manchen sogar zu explizit waren. Die BBC weigerte sich damals, den Titelsong »Homosapien« zu senden, aufgrund seiner angeblich zu deutlichen Anspielungen auf schwulen Sex. Die hatte Pete Shelley nach ­eigener Aussage zwar gar nicht intendiert, doch Zeilen wie »Homo superior / In my interior« darf man schon so verstehen, die wiederholte Zeile »I’m Homosapien like you« sowieso – ein gewitztes ­Coming-out.

Auch musikalisch ein Coming-out, denn wenn die Songs nicht an die Punk-Waver von Devo denken lassen, kommen einem vor lauter piepsenden Synthesizern und der ­hellen Stimme Shelleys der schwule Opern- und spätere Popsänger Klaus Nomi oder die ­androgyne Disco-Queen Grace Jones in den Sinn – ein gelun­genes Punk-Coming-out in der Disco. 

Albumcover

Pete Shelley: Homosapien (Domino)