Beiträge von jürgen elsässer

1998/21 Interview Zoran Djindjic

»Die Albaner brauchen Rechte, nicht Territorien«

Zoran Djindjic ist Vorsitzender der Demokratischen Partei Serbiens und war, neben Vesna Pesic und Vuk Draskovic, einer der drei Sprecher des Oppositionsbündnisses Zajedno. Nach wochenlangen Demonstrationen von Zajedno-Anhängern im Winter 1996/97 mußte Präsident Slobodan Milosevic schließlich seine Niederlage bei den serbischen Kommunalwahlen eingestehen; das daraufhin konstituierte Gemeindeparlament Belgrads wählte Djindjic zum ersten nicht-sozialistischen Bürgermeister der Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Zajedno-Frühling währte jedoch nur kurz: Im Frühsommer 1997 zerfiel die Allianz der ungleichen Partner, im Herbst desselben Jahres wurde Djindjic durch eine Allianz zwischen Sozialisten, Seseljs Ultranationalisten und Draskovic' Monarchisten gestürzt.

1998/20 Interview Arie Jaffè

»Mit Leidenschaft lebe ich im Kibbuz«

Der Lebensweg von Arie Jaffè ist typisch für die Kibbuz-Gründergeneration: Der gebürtige Berliner mußte 1933 aus Deutschland emigrieren, schloß sich in Wilna der linkszionistischen Partei Haschomer Hatzair an, flüchtete nach dem Angriff der Wehrmacht auf die Sowjetunion zur Roten Armee und kämpfte mit ihr gegen die Deutschen. 1950 kam er nach Israel und wurde im Kibbuz Yakum zum Experten für Zitrusfrüchte. Jaffè stand jahrelang an der Spitze der linkssozialistischen Mapam-Partei, unter anderem hat er als ihr ständiger Repräsentant in der Sozialistischen Internationale mit Olof Palme, Fran ç ois Mitterrand und Willy Brandt zusammengearbeitet. Jaffè hat die programmatische Arbeit der Mapam-Partei zwei Jahrzehnte geprägt - bis zu ihrer Auflösung im Bürgerrechtsbündnis "Meretz" Anfang der neunziger Jahre. Auch heute noch ist er an der Diskussion des Kibbuzim-Dachverbandes Artzi federführend beteiligt.

1998/18 Interview Henryk M. Broder

»Ich konzentriere mich auf Anomalien«

"Jungle World - das ist doch das Blatt, bei dem die SED nicht mitspielen durfte." Henryk Broder war wieder einmal ziemlich nah dran. Der 1946 in Katowice geborene Journalist ist in der Vergangenheit selten einem Streit aus dem Wege gegangen. Seine besondere Zuneigung galt dabei immer der Linken. Als sich konkret im Golfkrieg 1991 im Unterschied zur linken Mehrheitsmeinung für Israel einsetzte, lobte er die Zeitschrift öffentlich. In seinem Buch "Der ewige Antisemit" rechnete er 1986 mit dem Spiegel-Herausgeber ab: "Nur einen vergleichsweise geringen Unterschied zwischen einem Propagandisten der 'Auschwitz'-Lüge und einem seriösen Publizisten wie Rudolf Augstein" könne er erkennen. Seither haben sich das Blatt und sein Chef in puncto Antisemitismus nicht gebessert - Broder aber schweigt. Auf unsere Frage, warum dies so sei, wollte er sich nicht öffentlich äußern. Broder ist seit einigen Jahren regelmäßiger Spiegel-Autor.