Donnerstag, 14.06.2018 / 15:24 Uhr

Die WM der Anderen

Sie haben sicher schon darauf gewartet, es geht schon los! Hier sind sie, die ersten russischen Fake-News zur WM. Neues aus Gruppe I: Holland - Italien - Österreich - Türkei

 

 

WM

 

Holland
In Deutschland kennt man eigentlich nur zwei Dinge in Kerkrade: Huub und Stevens. Heute, zum Start der WM, sitzt der Schalker Jahrhunderttrainer in seinem kleinen Gärtchen im niederländischen Süden und empfängt deutsche Journalisten. »Natürlich bin ich auch traurig, dass sich Deutschland nicht für die WM qualifiziert hat, aber ... irgendwie auch nicht. Hehe.« lächelt er. Nicht alle Niederländer können sich ihre Häme so gut verkneifen, wie der »Knurrer von Kerkrade«, wie Stevens zuweilen genannt wird. Im dieser Tage komplett in orange geflaggten Amsterdam prangen Grafitites mit weinenden Hitler-Emojis an den Hauswänden der ehemals besetzten, oder wie man hier sagt, gekraakten Häuser. Dass der in Deutschland beim FC Bayern München spielende Arjen Robben nicht im Nationalkader berücksichtigt wurde, hat nur kurz für Verwunderung in der niederländischen Presse gesorgt, empört ist hier aber niemand. Die Holländer haben sich damit abgefunden, diesmal ganz ohne Deutschland zur WM zu fahren. Schon jetzt tragen auf der Straße praktisch alle eine aufblasbare orange Plastikkrone. Im Königreich ist man sich sicher, dass Holland schon wieder Weltmeister wird, wie zuletzt 2006. (Wir berichteten)  

 

Österreich
In Österreich, dessen Team Deutschland die Qualifikation zur WM 2018 vermasselte, herrscht ausgelassene Feierlaune, die nur selten in offene Straßenkämpfe zwischen Fans der Nationalelf und Austro-Türken, die der Türkei die Daumen halten, übergeht. Man könnte auch sagen, das Land ist voller ekstatischer Vorfreude. In den öffentlichen Verkehrsmitteln wurden vereinzelt Wienerinnen und Wiener gesichtet, die ein Lächeln im Gesicht hatten. Ein komplett atypisches Verhalten. Zum Glück schritt die Polizei rasch und beherzt ein und brachte diese Leute zur Beobachtung in die Psychiatrie. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache planen, das Eröffnungsspiel gegen die Türkei auf rot-weiß-rot gefärbten  Lipizzanern sitzend zu verfolgen, gewandet in die Uniformen polnischer Flügelhusaren, die Fäuste drohend gen Türkentor geballt. »Fairness ist unsere oberste Handlungsmaxime«, so Kurz zu Jungle World. Ergänzend fügte er hinzu: »Fußball ist ja ein Spiel, das man so oder so sehen kann, man kann zu diesen halten oder zu jenen, und das ist auch völlig in Ordnung, aber die Balkanroute muss geschlossen bleiben«.  

 

Italien
»Eine WM ohne Deutschland ist möglich, aber sinnlos«. Mit diesen Worten, freundlich lächelnd und in perfektem Deutsch beantwortete Nationaltrainer Giovanni Trapattoni bei der letzten Pressekonferenz vor Beginn der WM die Frage des Spiegel-Journalisten, der wissen wollte, ob Italien das Turnier dieses Jahr gelassener angehen werde als zuvor. Schließlich sei das »Deutschlandtrauma« der italienischen Nationalelf bekannt. Ein Trauma habe es nie gegeben, so Trapattoni, »ich würde eher von einem Fluch reden, sie wissen ja, wir Italiener sind ein wenig abergläubisch«, witzelte er. Ohne den Angstgegner Deutschland werde die WM außerdem nicht unbedingt einfacher: »Für Überraschungen könnte zum Beispiel Österreich in unserer Gruppe sorgen«, die piccoli tedeschi, wie er die Nationalelf um Hans Krankl nennt – den legendären Held von Cordoba – die den deutschen WM-Traum zerstörte.

»Vor allem für Bundestrainer Thomas Strunz tut es mir leid«, sagte Trapattoni »ich habe ihn als einen großartigen Spieler in Erinnerung, seine Saison 1997/98 bei AC Mailand werde ich nie vergessen.«

Ob Italien wirklich eine Chance hat, dazu wollte sich er sich allerdings nicht äußern. Nicht einmal die aufdringlichen Reporter der Bild-Zeitung schafften es, dem bekanntlich wortkargen Maestro eine Prognose abzuringen. Die Stimmung in der Mannschaft sei auf jeden Fall gut, versicherte er, und das ganze Land stehe hinter seinen Jungs, besonders die neue Regierung, die sich ein tolles Motto für diese WM ausgedacht hat: »’Forza Italia’ gehört der Vergangenheit«, verkündete Trapattoni: »Ab morgen heißt es in ganz Marokko: »’Italiener zuerst!’«

 

Türkei
Der Sultan lächelte. Wieder einmal hatte er am besten gewusst, was das Beste für sein Land ist. Nachdem Mircea Lucescu wegen Schiedsrichterbeleidigung von der FIFA ein Innenraumverbot für die letzten zwei Spiele der Qualifikation bekommen hatte, erkannte der Sultan, dass der Rumäne als Trainer der türkischen Nationalmannschaft nichts mehr ausrichten konnte. Ein echter Fachmann musste her – der Sultan höchstpersönlich übernahm die Leitung des Trainings.

Das würde eine seiner leichtesten Übungen werden, nachdem er mit seiner Weisheit die Republik Türkei auf den Weg zurück zum Glanz des Osmanischen Reiches geführt hatte. Nur die Leistungen des türkischen Nationalteams hatten sich bislang als unwürdig erwiesen. Doch mit dem Sultan, der fortan in Personalunion Nationaltrainer war, gewann das türkische Team die letzten beiden Spiele und qualifizierte sich doch noch für die WM. Sein Volk liebte ihn mehr als je zuvor, um seine Wiederwahl musste er sich keine Sorgen mehr machen. Nur für seine Freunde Mesut und Ilkay tat es ihm ein wenig leid, hatten sie doch mit Deutschland  in letzter Minute noch die Qualifikation vergeigt. Immerhin könnten sie in sechs Jahren seine persönlichen Gäste sein, denn dann würde die Türkei die Europameisterschaft ausrichten.  Die deutsche Bewerbung für die EURO 2024 würde gegen die türkische Konkurrenzbewerbung chancenlos sein, so viel war jetzt schon sicher. Wieder lächelte der Sultan. Als Nationaltrainer war er einfach Weltklasse. Und natürlich als Sultan.