Montag, 24.02.2020 / 23:35 Uhr

Keine Angst haben?

Von
Amed Sherwan

»Hey, du musst keine Angst vor mir haben«, ruft mir gestern ein Mann hinterher, als ich an ihm vorbei zum Bus renne. Ich drehe mich um und erkenne den Typen, der mich in der Vergangenheit bedroht hat, weil ich ein T-Shirt mit dem Aufdruck »Kafir« getragen habe und mir gesagt hat, dass ich das Viertel nicht mehr betreten sollte.

Ich lächle ihn an, denn angesichts des Terrors in Hanau ist es wirklich gut zu wissen, dass ich mich gerade nur vor Nazis fürchten muss und nicht vor religiösen Fanatikern. Ja, es freut mich, dass er lockerer geworden ist. Genau das will ich ja erreichen, dass nicht nur ich, sondern auch andere Kinder muslimischer Eltern ohne religiösen Druck leben können.

Doch kurz danach merke ich eine gewisse Wut darüber, warum ich überhaupt Angst vor ihn haben musste und mich nun darüber freue, dass er großmütig beschlossen hat, mich in Ruhe zu lassen.

Ich muss dabei daran denken, dass der Prophet Mohammed angeblich auch eine freundliche Beziehung zu seinem Nachbarn pflegte, obwohl dieser Jude war. Das wird von vielen Muslimen lobend hervorgehoben.

Und es klingt ja auch erstmal ganz gut, aber stellt Euch vor, was eigentlich bedeutet: Er tat dieser Person nichts, obwohl sie * war. (* = Ausländer, Frau, Kind, LGBTTIQ*, ungläubig).

Keine Person sollte aufgrund ihrer Herkunft, ihres Alters, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Glaubens Angst haben müssen.