Samstag, 05.12.2020 / 09:09 Uhr

Die Katastrophe: Dass es so weitergeht

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Die Prognosen der UNO für Syrien und den Jemen werden jedes Jahr schlechter; allein: es interessiert niemanden mehr.

 

f
Syrische Flüchtlinge in der Türkei, Bild: Pixabay

 

Der Winter im Nahen Osten naht und ja, richtig: Weiterhin leben ja in Syrien Millionen von Menschen als so genannte „internal displaced“ in irgendwelchen schlecht versorgten und völlig überfüllten Lagern. Das war zwar schon in all den vergangenen Jahren so, nichts hat sich seitdem geändert oder verbessert – aber man vergisst ja gerne und schnell.

Dieses Jahr kommt noch Corona mit allen Folgen dazu, die natürlich in der zerbombten Provinz Idlib noch verheerender sind als anderswo, denn hier stehen kaum Testmöglichkeiten zur Verfügung von genügend Intensivbetten ganz zu schweigen.

Nur wie fasst man so etwas in Worte. Al-Monitor versucht es mit: „Eine humanitäre Katastrophe droht Idlib wegen Covid-19“. Nur: Die humanitäre Katastrophe ist längst da und zum Dauerzustand geworden. Kann der humanitären Katastrophe die humanitäre Katastrophe drohen? Eine durchaus zeitgemäße Frage, die nur niemand stellt, weil die immer gleichen Schlagzeilen an einem vorbeiflimmern. Die Katastrophe ist nämlich, dass es einfach so weitergeht oder – wie gerade wieder einmal die UN in irgend einer Pressemitteilung bekannt gibt – droht, sich in diesem Winter noch zu verschlimmern.

Wer interessiert sich noch für Syrien oder den Jemen?

Drei Millionen Binnenvertriebe brächten dringend Hilfe, heißt es da, heftige Regenfälle – die in dieser Jahreszeit nicht unüblich sind – hätten unzählige Zelte zerstört und es fehlte de facto an allem, was ein einigermaßen gesichertes Leben ausmache: Nahrung, Heizmittel, Unterkünfte und Kleidung.

In ganz Syrien sei die Nahrungsmittelversorgung von über neun Millionen Menschen in diesem Winter nicht gesichert, das seien 1, 4 Millionen mehr als im letzten Jahr.

Das sind die nüchternen Zahlen aus einem Land. Man könnte nun noch die Lage im Jemen erwähnen oder auf neue Konflikte etwa am Horn von Afrika hinweisen. Nur: Syrien hat gezeigt, dass es inzwischen nichts mehr bewirkt, wann man auf ein Elend hinwesit, dass völlig unnötig wäre, hätte jene sich selbst so bezeichnende Internationale Staatengemeinschaft nicht so völlig versagt.

Und geschehen wird natürlich auch dieses Jahr nichts: ein paar Hilfsgelder, wie üblich viel zu wenig, werden irgendwo locker gemacht und ansonsten hofft man, der Winter werde nicht zu schlimm, die Medien nicht mit unangenehmen Bildern erfrierender Kinder in Elendslagern geflutet, damit es dann ab nächsten Frühjahr wieder so weiter gehen kann wie bisher.

Und je mehr Jahre ins Land ziehen, desto weniger interessiert sich noch irgendjemand für den Konflikt. Syrien? War das was?

Den Jemeniten ergeht es schon seit Jahren so. Da hat UNICEF gerade auch eine Erklärung herausgegeben: Inzwischen ist die Zahl vom Hunger bedrohter Kinder auf zwölf Millionen gestiegen. Vergangenes Jahr war noch von elf Millionen die Rede. Nur eine Million mehr pro Jahr? Das ist doch gar nicht so viel, oder?

Nur so zum Vergleich: Österreich hat knapp neun Millionen Einwohner.