Dienstag, 27.07.2021 / 09:58 Uhr

Stabilität über alles

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Wie es an der türkischen Grenze aussieht, Bildquelle: Researchnet

Die türkische Regierung zeigt sich alarmiert über die Zunahme von Flüchtlingen aus Afghanistan. Die unmittelbare Fluchtursache? Der Abzug internationaler Schutztruppen und der darauf folgende Vormarsch der Taliban.

Was sie tut? Sie verstärkt die Präsenz von Grenzschützern, um "illegale Migranten" abzufangen und beschleunigt den Bau eines Grenzzauns zum Iran. Der zu Syrien, finanziert mit Geldern der EU, steht ja schon.

Außerdem warnt sie vor Instabilität im Iran, denn sollte das dortige Regime in noch größere Probleme geraten, würde es seine eigenen Grenzen weniger kontrollieren können.

Die türkische Regierung weiß, wovon sie spricht, denn auch in Europa ist man sehr besorgt, zuerst darüber vor Instabilität in der Türkei, denn dann könnten mehr Flüchtlinge nach Europa kommen, weshalb Europa alles in seiner Macht stehende tut, um die türkische AKP Regierung stabil zu halten. Milliarde nach Milliarde wird deshalb nach Ankara überwiesen.

Aber auch in Europa ist man sehr besorgt angesichts von hunderttausenden neuen Flüchtlingen. Denn man will die auf keinen Fall aufnehmen. Also wird man selbst entsprechend interessiert sein, dass der Iran nicht destabilisiert. Das im Umkehrschluss heißt, man sieht es am Beispiel Türkei, alles zu tun, damit die Regierung ja nichts ins straucheln gerät oder gar stürzt.

Gerade finden einmal mehr im Iran Massendemonstrationen statt, die, soweit man trotz Internet-Blackouts erfährt, erneut brutal niedergemacht werden. Solche Demonstrationen bedrohen die Stabilität des Regimes und könnten deshalb auch dazu führen, dass mehr Afghaninnen und Afghanen - einer jüngsten Studie zufolge leiden, wie ebenfalls zu erwarten war, vor allem Frauen unter der eskalierenden Gewalt in Afghanistan -, in die Türkei und nach Europa fliehen könnten.

Wer dieser Tage mit Menschen aus dem Iran in Kontakt steht, hört immer wieder die verzweifelte Frage, warum die Protestierenden, die nichts fordern, außer Strom und Wasser, erneut so alleine gelassen werden. 

Es ist nicht leicht ihnen die Zusammenhänge zu erklären, glauben viele doch ernsthaft noch, Europa stünde für irgend so etwas wie Menschenrechte und Freiheit.