Dienstag, 16.11.2021 / 10:18 Uhr

Afghanistan: Alarmierende Zahlen

Von
Gastbeitrag von Georg Albers

Afghanische Flüchtlinge in Indien, Bildquelle: CGTN

Seit der Machtübernahme der Taliban Mitte August veröffentlicht die IOM (Internationale Organisation für Migration) regelmäßig Situation Reports über die Lage in Afghanistan. Der neueste Bericht hält einige erschreckende Zahlen bereit: die Anzahl der IDPs (Binnenvertriebenen) in Afghanistan wird (weiterhin) mit 5,5 Millionen Personen angegeben. Bei einer Bevölkerung von geschätzten 38 Millionen Einwohner:innen bedeutet dies, dass ca. jeder siebte Einwohner/jede siebte Einwohnerin intern auf der Flucht ist. Allein im Jahr 2021 Jahr wurden laut dem Bericht deutlich mehr als eine halbe Million Einwohner:innen Afghanistans (681.300) zu Binnenvertriebenen. Vergleicht man die Zahlen der IOM mit den Zahlen von Amnesty International, ein Bericht im März diesen Jahres ging von rund 4 Millionen IDPs in Afghanistan aus, fällt die Zunahme sogar noch deutlicher aus.

Wie zuletzt berichtet wurde, geht das Norwegian Refugee Council seit der Machtübernahme der Taliban von 300.000 neu hinzugekommen afghanischen Geflüchteten in den Iran aus. Der IOM-Bericht legt jedoch nahe, dass die Anzahl der Rückkehrenden aus dem Iran die Zahl der neu ankommenden Geflüchteten in den Iran überkompensiert. 1.063.393 Personen kehrten laut IOM in diesem Jahr bislang vom Iran nach Afghanistan zurück, die meisten davon mittels Abschiebungen. IOM Generaldirektor Vitorino: The majority were deported, returning to Afghanistan often broke and broken, in need of health support, food and rest."

Die Zahl übersteigt nicht nur deutlich die bereits hohe Anzahl von „returnees“ aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 (451.073, davon 254,343 Abschiebungen), sondern blieb auch ungeachtet der Machtübernahme der Taliban konstant hoch; allein für den Zeitraum von Ende Oktober bis Anfang November (28.10.-03.11.21) spricht der Bericht von rund 31.000 „undocumented returnees“ aus dem Iran. Es gibt zudem wieder Berichte über inhumane Behandlung und Gewalt gegen Geflüchtete während der Abschiebungen.

Laut dem Vertreter des Iran bei den VN Majid Takht Ravanchi sind die Ressourcen für die Aufnahme weiterer Geflüchteter „limited“ und es fehle an internationaler Unterstützung bei der Versorgung der Geflüchteten. Angesichts der sich ständig verschärfenden humanitären Lage in Afghanistan (die UN geht davon aus, dass 22.8 Millionen Einwohner:innen akut von einer akuten Lebensmittelunterversorgung bedroht sind, darunter 3.2 Millionen Kinder unter fünf Jahren) mahnt der UNHCR alle Staaten, Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen.

 

 

Quellen:

https://reliefweb.int/report/afghanistan/iom-afghanistan-situation-report-12-28-october-3-november-2021

https://www.amnesty.org/en/documents/asa11/3910/2021/en/

https://www.unhcr.org/ir/refugees-in-iran/

https://www.al-monitor.com/originals/2021/11/5000-afghans-fleeing-iran-daily-aid-group-says#ixzz7BtnNcEGb

https://www.infomigrants.net/en/post/36410/afghans-in-iran-thousands-more-arrive-every-day-amid-continuing-deportations

https://www.dawn.com/news/1657615

https://foreignpolicy.com/2020/01/13/why-iran-is-deporting-scores-of-afghan-refugees/

https://www.voanews.com/a/un-says-nearly-23-million-afghans-face-acute-hunger/6284276.html