Mittwoch, 22.02.2023 / 12:38 Uhr

Iranische Opposition: Besorgniserregende Entwicklungen

Von
Gastbeitrag von Kazem Moussavi

Anti-Regime Protest in Berlin, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Anhänger des Schah-Regimes versuchen, Demonstrationen der iranischen Opposition für sich zu vereinnahmen.

 

Es wurde berichtet und dokumentiert, dass einige fanatische Anhänger Reza Pahlavis, die extreme Befürworter einer Restaurierung der früheren Monarchie im Iran sind, bei Demonstrationen gegen das Regime in Brüssel, London, Hamburg, Düsseldorf und in den USA Teilnehmer:innen, die sich dort mit Transparenten und Parolen gegen ein diktatorisches Schah-System im Iran aussprachen, angegriffen und teilweise verletzt haben.

Dem iranischen Republikaner H. H. wurde am 20.2.2023 in Brüssel von einem Ordner und Pahlavi-Anhängern gegen den Kopf getreten.

gEr liegt laut Protokoll mit Schädelprellung und leichter Gehirnerschütterung immer noch im Krankenhaus (21.2.2023). H.H. rief in Anlehnung der Parole der Studentenproteste im Iran: "Tod den Unterdrückern – sei es der Shah oder der Oberste Führer!". Auf diversen Demonstrationen der Pahlavi-Anhänger wurden folgende Parolen skandiert: "Tod den Dreien: Linke-Mullahs-Mojahed!", eine Parole, die auch Pahlavis Ehefrau auf ihrer Instagram-Story postete, außerdem: "Unser Anführer ist Pahlavi, jeder, der das nicht sagt, ist eine Alie (d.h. kein Iraner)!", "Mann, Heimatland, hoch lebe der Shah (Javid Shah)!".

Sie propagieren, dass "Javid Shah" nicht nur ein Slogan sei, sondern "unser Weg zum Sieg", vgl. Kayhan London. Kürzlich wurden auf einer Demonstration in Los Angeles und auf weiteren in Brüssel und München (während der Münchner Sicherheitskonferenz 2023) neben Bildern von Reza Pahlavi auch Plakate, auf denen Parviz Sabeti zu sehen war, gezeigt. Auf dem Bild Sabetis stand auf Persisch: "Der Albtraum künftiger Terroristen!". Parviz Sabeti war in der Schah-Zeit ein hochrangiger Verantwortlicher des berüchtigten Nachrichtendienstes SAVAK, der so genannten "Organisation zur Information und zum Schutz des Landes“.

Sabeti war Leiter der Hauptabteilung III (Inlandsaufklärung) und in dieser Funktion für Verhaftungen, Folter und Hinrichtungen von Schah-kritischen Student:innen und Mitgliedern der Fedain- und Mujahedin-Organisationen mitverantwortlich. Parviz Sabeti, der seit der islamistischen Revolution 1979 in den USA lebt, nahm vor zwei Wochen an einer Pro-Pahlavi Demonstration in LA teil, auf der Reza Pahlavi, Massih Alinejad und weitere Verbündete sprachen. Reza Pahlavi respektive seine Anhänger werben dafür, dass die Integrität des Iran keine Bedingung sei, "sondern das Prinzip!".

Somit wird im multinationalen Staat Iran nach dem Sturz der Mullahs direkt oder indirekt in Teheran die zentralistische Hegemonie der persischen Kultur angestrebt, während demgegenüber die aktuelle Revolution für "Frau Leben Freiheit" in einem künftig demokratischen freien Iran nicht auf die populistische und nationalistische Parole der Pahlavi-Anhänger wie "Alle gemeinsam für die Einheit des Iran"، sondern konkret auf Pluralismus, Gleichberechtigung und Menschenrechte der sexuellen, religiösen und ethnischen Minderheiten im Land fokussiert ist.

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Anhäger Pahlevis aus einer Demonstration, Bildquelle: Twitter

 

Unter den Monarchisten ist überdies die Entwicklung einer nationalistischen ideologischen Strömung, der sogenannte "Pahlavismus", zu beobachten. Diese Gruppe, die ihre Thesen im Magazin "Fereydoun" publiziert, hat jüngst in den USA eine Partei namens "Die Iran-Novin-Partei" oder "Partei Neuer Iran" gegründet, in Anlehnung an eine Partei, die 1963 im Kaiserreich Persien, von Hassan Ali Mansur und seinen Freunden als die Partei "Neuer Iran“ (Iran Novin) ins Leben gerufen worden war. "Hassan Ali Mansur war von 1964 bis 1965 Premierminister des Iran. Er übernahm sein Amt zur Zeit der Weißen Revolution Mohammad Reza Schahs",

Reza Pahlavi, Massih Alinejad und Nazanin Bonjadi wurden als "neu formierte Oppositionsvertreter:innen" inoffiziell zur Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) 2023 eingeladen. Ihre Teilnahme an der MSC wurde von den persischsprachigen Pahlavi-unterstützenden Sendern IraninternationalTV, Manoto, Voice of America, RadioFarda sowie der Deutschen Welle Persisch und den Medien des Springer-Verlags in Deutschland massiv propagiert. Bild titelte: "Persiens letzter Prinz will die Mullahs stürzen" und die "Welt" schrieb über ein Interview mit Reza Pahlavi: "So plant die Exil-Opposition einen Neuanfang im Iran".

Es sieht so aus, als ob nunmehr die Frauenopposition im Iran, die sich voll auf die Abschaffung des Genderapartheid-Regimes im Land konzentriert hat, unsichtbar gemacht und geschwächt wird, während aus Appeasement-Kreisen im Ausland eine kultartige, persisch nationalistische "Opposition" lanciert und unterstützt wird. Obwohl bei den Protesten im Iran nicht zu Gunsten bestimmter Politiker und Organisationen im Land und im Exil aufgerufen wird. Diese besorgniserregende politische Entwicklung durch die Pahlavi-Anhänger, die die Antiregime-Proteste für sich reklamieren, hat es in kürzester Zeit geschafft, unter den früher gemeinsam protestierenden Regimegegnern und Oppositionellen im Exil offensichtlich eine Spaltung herbeizuführen.

Davon profitieren hauptsächlich die Geheimdienste des Terror-Regimes im Ausland, indem sie begünstigt werden, die Unterstützung der Proteste aus der Diaspora zu schwächen, um diese im Iran durch das Regime niederzuschlagen und sich an der Macht zu halten.