Thomas von der Osten-Sacken

Die so genannte vierte Welle der Pandemie hat den Nahen Osten und vor allem Tunesien voll erwischt. Überall steigen die Fälle von Neuinfektionen, Krankenhäuser sind überlastet und es fehlt an Sauerstoff:

In Irakisch-Kurdistan sind es in allen Parteien die Söhne, Enkel und Cousins, die versuchen das Erbe ihrer Väter anzutreten. Was in der Barzani-Familie bislang ganz gut funktioniert hat, führt im Clan der Talabanis nun in einen offenen Machtkampf:

Schon scheinbare Kleinigkeiten wie Stromausfälle können zu Protesten führen, die das Regime als Ganzes in Frage stellen. Im Westen interessiert das aber so gut wie niemanden.

Es sind keine Neuigkeiten, sondern eher nur die monotone Wiederholung des Immergleichen seit Jahren: Um die ökonomische und soziale Lage der iranischen Bevölkerung ist es schlecht bestellt, und ebenfalls seit Jahren kennt das Land nur eine Entwicklung, und zwar zum Schlechteren.

Geradezu klammheimlich geht derzeit der Abzug westlicher Truppen aus Afghanistan über die Bühne. Experten prophezeien, dass die Taliban in ca. sechs Monaten erneut die Macht übernommen haben werden. Derweil droht in Syrien eine neue Katastrophe in der Katastrophe.

 

Als das Bild damals um die Welt ging, wurde es zum Symbol des Scheiterns der USA in Südostasien: Eine lange Schlange verzweifelter Menschen, die versuchen, noch einen Platz im letzten amerikanischen Hubschrauber zu ergattern, der auf dem Dach der US-Botschaft in der vietnamesischen Hauptstadt Saigon wartet.

Schon jetzt, Anfang Juki, steigen die Temperaturen im Süden des Irak auf über 50 Grad Celsius und wie jedes Jahr folgen Stromausfälle, das das überlastete Netzt nicht in der Lage ist, den Bedarf an Kühlgeräten zu decken. Die Konsequenzen für die Menschen sind katastrophal:

Nach einem für die Region halbwegs ruhigen ersten Halbjahr - und ruhig ist wirklich wirklich relativ - intensivieren Russen und syrische Armee erneut ihre Angriffe aus die Region Idlib. Mit dem üblichen Resultat: Tausende fliehen, allerdings nur innerhalb der Region, denn die Grenzen zur Türkei sind inzwischen hermetisch geschlossen:

Freitag der 18. Juni 2021 ist der Tag, an dem die Islamische Republik Iran aufhörte zu existieren. Auf dem Papier mag es sie noch geben, in Realität nicht mehr. Damit ist ein seit Jahrzehnten schleichend vorangehender Prozess vollendet.

 

Am Hindukusch wird, sollte das eh je der Fall gewesen sein, längst Niemandens Freiheit mehr verteidigt, ganz im Gegenteil zieht der Westen sich zurück und es geht nur noch darum, möglichst keine oder wenige eigene Verluste dabei zu haben. Die Menschen dort, um die es nie oder bestenfalls in Sonntagsreden ging, können sehen was sie tun.

Kürzlich erinnerte mich Facebook daran, wie ich in Den Haag vor acht Jahre an einer Diskussion über die damals anstehenden Wahlen im Iran teilgenommen habe. Da saß ich mit Leuten - Iranern und Holländern -, die unglaublich viel über Reformer und Moderate zu sagen hatten und über einen friedlichen Wandel von innen und all sowas.

Für die NZZ hat Wilfried Buchta eine unbedingt lesenswerte Analyse der für diese Woche anstehenden Präsidentenwahlen im Iran geschrieben, in der eigentlich alles wissenswerte steht:

Jedes fünfte Kind in syrischen Flüchtlingslagern denkt an Selbstmord. Derweil soll der letzte Grenzübergang in Nordsyrien für humanitäre Hilfe gesperrt werden.

Viel hört man dieser Tage, zehn Jahre nach dem Beginn der Massenproteste gegen die Assad Diktatur, nicht aus Syrien. Wenn, dann hin und wieder Meldungen wie diese:

Im Irak gehen die Proteste der vor allem jugendlichen Demonstrantinnen und Demonstranten weiter, trotz Repression und inzwischen fast fünfzig gezielter Tötungen oder Mordversuche an bekannten Aktivisten.