Erfundene Fußballmannschaften sind nicht witzig

Nicht lustig

Erfundene Aufstellungen von Fußballmannschaften sind weniger unterhaltsam, als man meint – auch wenn es sich bei den Spielern um Adorno oder Gramsci handelt.

Zu den eher lästigen Begleitumständen des Sportredakteurinnenseins gehört – neben dem Zutunhaben mit einer erstaunlich großen Anzahl von Männern, die nicht nur insgeheim davon ausgehen, dass sie den Job viel besser machen könnten – auch, dass Leute vor allem vor großen Fußballereignissen eine bedauerliche Tendenz zum Lustigseinwollen entwickeln. Und man mit etwas Pech dann fast täglich jemandem mehr oder weniger schonend beibringen muss, dass, nein, danke, so großartig die Idee gar nicht ist, ein Fußballteam mit lauter Kickern zusammenzustellen, deren Nachnamen aus Tier-, Pflanzen-, Wasauchimmer-Namen bestehen. Nein, wirklich nicht – und doch, ich weiß, was Abseits ist.

Das ist lästig, passt aber gut zur allgemeinen Unangenehmheit des Sportjournalismus, sowie es um Namen geht. Hat sich im allgemeinen Journalismus der Grundatz »Keine Namenswitze« wenigstens leidlich durchgesetzt, wird nicht nur im Boulevard-Sport fröhlich vor sich hingewitzelt.

Was das nun mit dieser in der italienischen Tageszeitung La Repubblica veröffentlichten linken Weltauswahl zu tun hat? Na nix. Ob Antonio Gramsci, Walter Benjamin oder Rosa Luxemburg den Marx’schen Strafraum wirklich erfolgreich sauberhalten könnten oder ob Theodor W. Adorno nicht vielleicht doch ein besserer Innenverteidiger gewesen wäre, es interessiert mich einfach nicht. Weil es diese Weltauswahl so oder so ähnlich schon x-mal gab, manchmal sogar ohne die Originale, sondern mit Leuten, die halt zufällig heißen wie die jetzt Aufgestellten. Sie in irgendeiner 6. Liga gefunden zu haben, macht den jeweiligen Autor immer noch viel stolzer, als wenn er auswendig aufsagen könnte, was Abseits ist.

Ermüdenderweise wird das La Repubblica-Ding jedoch dazu führen, dass in absehbarer Zeit, also dann, wenn die Bundesliga in die Sommerpause geht und die Leute nichts mit sich anzufangen wissen, große Mengen lustiger Fußballaufstellungen ausgedacht und dann nach der unvermeidlichen Ablehnung auch noch mehr Widerworte als gewöhnlich gegeben werden, weil »die linke Elf« in der italienischen Tageszeitung ja sogar weltweit Schlagzeilen gemacht hat, naja, okay, nicht überall, aber bei Facebook wurde sie wirklich sehr intensiv diskutiert. Das ist jedenfalls wirklich nichts, worauf man sich freuen kann.

Vor allem, weil elf lustige oder bedeutsame Namen aufzustellen echt schwierig ist. Irgendwo zwischendrin wird deswegen meist gemogelt, was die Sache nur noch unlustiger macht, aber auch ein bezeichnendes Licht auf die Ersteller wirft. Denn es gibt eine Menge sehr schöner und unterhaltsamer Sportarten, in denen man mit deutlich weniger Personal auskommt. Für Baseball müssen neun Aktive pro Team auf dem Spielfeld sein, im Basketball sind es sogar nur fünf und beim Curling stehen bloß vier auf der Eisfläche. Aber es muss, muss, muss anscheinend ja immer ein Fußballteam gebildet werden, wahrscheinlich weil der Platz so hübsch einfach zu zeichnen ist und eine 4-4-2-Aufstellung plus Torhüter auch noch der Allertrotteligste einigermaßen ansehnlich darauf verteilen kann.

Womit wir zum Stockball kommen, einer leider nicht olympischen Sportart, die in den USA und Kanada »Indigenous North American stickball« heißt und wie Lacrosse von den nordamerikanischen Ureinwohnern erfunden wurde. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem 17. Jahrhundert, aber es ist davon auszugehen, dass Stockball schon viel früher gespielt wurde.

Die Sportart hat noch einen weiteren Vorteil: Pro Mannschaft sind beziehunsgweise waren früher zwischen 100 und 1 000 Spieler auf dem Platz, es gibt weder einfach zu zeichnende Aufstellungen noch Straf- noch Torräume oder Mittellinien und Anstoßkreise. Entsprechend ist nicht davon auszugehen, dass irgendeiner Redaktion jemals mit »Ich hatte einen sehr lustigen Einfall und hier ist es also nun, das linke All-Star-Team im Stockball, gut, es ist mit 799 Namen etwas größer geworden, aber ihr könnt es ja als Poster drucken« auf die Nerven gegangen wurde.

Andererseits soll man Leute bekanntlich nicht auf Ideen bringen. Deswegen: nein, keine lustigen Aufstellungen, nein, wirklich nicht, neinneinnein, auch nicht als Tennis-Doppel, danke.