Faschismus mit E-Gitarre

Rechtsradikale in Kroatien

Manchmal sagt der Erfolg einer Rockband mindestens genauso viel über die politischen Verhältnisse eines Landes aus wie die Performance der Regierung. Dieser Fall lässt sich derzeit in Kroatien beobachten.

Nach vier Jahren sozialdemokratischer Pause wurde im vergangenen November die nationalklerikale Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) wieder an die Macht gewählt. Die von General Franjo Tudjman gegründete HDZ war die treibende Kraft der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Landes, die 1991 den kriegerischen Zerfall Jugoslawiens eröffnete. In den neunziger Jahren wurden unter der autoritären Herrschaft der HDZ über 300 000 Serben aus Kroatien vertrieben. Entsprechend verwundert sind die politischen Beobachter, dass der neue Premierminister Ivo Sanader – der Nachfolger des mittlerweile verstorbenen Tudjman – seine Regierungszeit mit Versöhnungsgesten gegenüber der serbischen Minderheit begann. Er gratulierte den orthodoxen Serben nicht nur zu ihrem Weihnachtsfest, sondern lud ihre politischen Vertreter sogar zum Eintritt in die Regierung ein.

Doch die politische Taktik eines Regierungschefs und die gesellschaftliche Realität sind zweierlei Dinge. Denn während Sanader mit den Repräsentanten der kroatischen Serben die Friedenspfeife raucht, zeigt der Erfolg einer Rockgruppe, wie tief Kroatien noch im braunen Dreck steckt.

Die Rede ist von Marko Perkovic und seiner Band Tompson. Nachdem die Gruppe schon in den neunziger Jahren durch extrem nationalistische Texte aufgefallen ist, lautet der Titel ihres neuesten Songs: »Jasenovac«. In einem Konzentrationslager mit diesem Namen quälten kroatische Faschisten zwischen 1941 und 1945 mehrere hunderttausend Serben, Juden, Roma und Antifaschisten bestialisch zu Tode. Der Text des Songs lässt auch Ante Pavelic hochleben, den Führer des von der deutschen und italienischen Besatzungsmacht gegründeten faschistischen Unabhängigen Staates Kroatien (NDH) während des Zweiten Weltkrieges. Die Konzerte von Tompson – der Name bezieht sich auf ein von der Ustascha, den kroatischen Faschisten, benutztes Maschinengewehr – wachsen sich regelmäßig zu Massenkundgebungen aus. Die Fans, oft Tausende, kleiden sich in T-Shirts mit dem Symbol der Ustasche. Sänger Perkovic trägt das schwarze Hemd der kroatischen Faschisten und lässt sein Publikum den Ustascha-Gruß ausrufen.

Dass Rockbands den Faschismus verherrlichen, ist keine kroatische Besonderheit. Die Reaktion der Öffentlichkeit schon. Tompson tritt im staatlichen Fernsehen auf, der größte kroatische Musikvertrieb verkauft seine CDs, die Band wird regelmäßig zu Stadtfesten eingeladen. Erst nach mehrmaligen Aufrufen antifaschistischer Organisationen fand sich immerhin die katholische Kirche zu einer halbherzigen Verurteilung Tompsons bereit. Außer dem liberalen Präsidenten Stipe Mesic fand jedoch bisher kein hochrangiger Politiker deutliche Worte. Vladimir Matijanic von der kritischen Wochenzeitung Feral Tribune meint lakonisch: »In Kroatien wird niemand konsequent verfolgt, der Ustascha-Symbolik zeigt. Es gibt dafür zwar gesetzliche Grundlagen, aber aus Furcht vor der Rechten werden sie nicht angewandt.«

boris kanzleiter