Die argentinische Sicherheitsministerin Patricia Bullrich hat kein Verständnis für Demonstrationen

Zum Strafen genötigt

Porträt Von Nicole Tomasek

Als argentinische Ministerin für nationale Sicherheit muss sie ja so etwas sagen. »Wer gegen das Gesetz verstößt, muss sich vor Gericht für seine Taten verantworten; es gibt keine Delikte ohne Strafe«, ließ Patricia Bullrich vorige Woche verlauten, nachdem ein mutmaßlicher Hacker gefasst worden war. Mit zwei anderen soll der junge Mann im Januar ihren Twitter-Account gehackt und darüber Kritik an ihr selbst sowie der argentinischen Regierung verbreitet haben. Dass Bullrich wegen der Hacks sauer ist, ist verständlich. Interessant ist, was sie sonst alles für gefährliche Delikte hält. Mitte April brachte ihr Ministerium eine Gesetzesreform ein, um die Strafen für die Teilnahme an Protesten zu erhöhen. Die wirtschaftsliberale Regierung sieht sich immer wieder Protesten gegen die Kürzung von Bildungs- und Sozialausgaben und die massenhafte Entlassung von Staatsbediensteten sowie wegen steigender Armut und Arbeitslosigkeit gegenüber (Jungle World 11/2017). Den Generalstreik vom 6. April, zu dem die drei größten Gewerkschaftsdachverbände aufgerufen hatten, bezeichnete Bullrich als »illegitim und sinnlos«. Streikende setzte sie mit der Mafia gleich, da sie Menschen bedrohen würden, die zur Arbeit gehen wollten.

Unter anderem soll nun Artikel 149 des Strafgesetzes, der Bedrohung und Nötigung behandelt, erweitert werden. Die Teilnahme an Demonstrationen, bei der »Schlaggegenstände, Projektile, brennbare Gegenstände« und andere Objekte mitgeführt werden, die Personen oder Sachen schaden können, oder bei denen Menschen sich vermummen, könnte mit drei bis sechs Jahren Haft bestraft werden. Bis zu zehn Jahre soll es geben, wenn damit Forderungen nach einem Zugeständnis der Staatsgewalt verbunden sind. Härter bestraft werden sollen auch die Errichtung von Straßenblockaden und Waffengebrauch. Was genau »Schlaggegenstände« sind oder als »Waffe« gilt, wird nicht erläutert. Kritiker sehen in den Reformplänen vor allem eine Kriminalisierung sozialer Proteste. Bereits im März beschwerte sich Bullrich über »politische Gruppen, die sich soziale Organisationen nennen« und »ständig auf der Straße« seien. Dabei war die heute 60jährige einst sogar führendes Mitglied der Stadtguerilla Montoneros. Aber schließlich ist sie jetzt an der Macht, da sieht man die Dinge natürlich anders.