Islam-Polizei, alles auf den Boden!

in die presse

»Scheiß Formalitäten«, brummt Kommissar Hakan Hak, als sein junger Kollegen Abdul al-Nizam auf seine Schuhe deutet. Die beiden Cops stehen vor dem Eingang einer Hinterhofmoschee in einem verödeten Industriegebiet in Neukölln. Ein Handzeichen, dann geht’s los. Nur mit Socken an den Füßen schlägt Hak mit einem wuchtigen Tritt die Tür ein. Al-Nizam stürmt mit gezogener Pistole in den Raum. »Allahu akbar«, brüllt er, »Islam-Polizei, alles auf den Boden, Hände ausstrecken!« »Schon gut«, sagt Hak cool, »die liegen doch schon«. Der Rest ist Routine. Hak überwältigt den Imam, der gegen heimische Kulturgüter wie die Currywurst gehetzt hatte (»Schweinekram im Schweinedarm«). Sie werden ihn der Abteilung für Gescheiterte Integrationsfälle (AfüGIFä) übergeben, seine Tage in Deutschland sind gezählt.

Es ist gar nicht lange her, dass in Gegenden wie dieser Hassprediger ihr Unwesen trieben und Gesellschaften parallelisierten, während die Polizei untätig zusah. Ob einer Anschläge auf Wolkenkratzer plante oder deutsches Achselhaar verunglimpfte – man erfuhr davon erst, als es zu spät war. »CDU-Politiker fordern Islam-Polizei!« schrieb Bild damals und zitierte den brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm: »Wir müssen vermehrt Ermittler einsetzen, die Arabisch und Türkisch sprechen. Auch in den Ausländervierteln muss Recht und Ordnung herrschen.«

Für Hak, den Mittvierziger mit Schnauzbart und Lederjacke, ist der Job bei der Islam-Polizei die letzte Chance. Vorher war er bei der Sitte und hatte wegen seiner unkonventionellen Art ständig Ärger mit der AfüGIFä. Illusionen macht er sich nicht. »Wir ziehen eine deutschfeindliche Fatwa aus dem Verkehr, und am selben Tag werden irgendwo da draußen 100 neue in Umlauf gebracht.« Sein Partner schüttelt den Kopf. Al-Nizam hat ein paar Semester Integrationswissenschaft studiert, bevor er zur Polizeiakademie wechselte. In seinem fliederfarbenen Sakko wirkt er adrett, fast schnöselhaft. »Wir schützen die friedlichen Muslime«, sagt er. »Wer könnte das sonst tun?« Sein Blick schweift in die Ferne. Dann krächzt der Funk: »IPo 7 kommen. Einsatz in Moabit. Verdächtige tuscheln seit einer Stunde auf Ausländisch. Vorsicht: Kopftuch!«

deniz yücel