Hart am Bein

liebe ware

Produkte, die wir auch nach dem Kapitalismus nicht missen wollen. Dampfend entsteigt die Gans der Röhre, die Körperhöhlung ausgefüllt mit Jonagold, mit Beifuß und Röstbrot, die Haut kupfergolden glänzend vom eigenen Körperfett und vom Schwarzbier. Es naht der Moment, in dem Papa, sei es mit dem Tranchierbesteck aus dem Erbgut, sei es mit dem so genannten Allzweckmesser oder mit der fettig aus der Hand ihm gleitenden Geflügelschere sich daran macht, den liebevoll gefüllten und wieder vernähten Symbolvogel der Lichtgöttin Juno in einen gefledderten Federvieh-Kadaver zu verwandeln.

Er renkt ihm die Schwingen aus, die Brusthaut geht in Fetzen gleich mit, dann wuchtet er das Tier herum und macht sich an den Schlegeln zu schaffen. Blutroter Vogelsaft ergießt sich über Damast, Papa schnauft. Mutter reagiert gereizt, er raunzt zurück, bei seiner Mami habe es immer Ente gegeben, bitte, heißt es da, dann geh’ doch zu deiner Mami, ein Wort gibt das andere, am Schluss geht Papa Zigaretten holen.

Damit das, was der Keimzelle des Staates alljährlich den Todesstoß versetzt, nicht auch jede nachrevolutionäre Form der selbst bestimmten Koexistenz zerstört, wird es unerlässlich sein, die Bevölkerung mit tauglichem Gerät zum fachgerechten Zerlegen größeren Flugwilds auszustatten. Mit nichts geht das besser als mit einem gut geschärften Ausbeinmesser mit einer ca. 15 Zentimeter langen, flexiblen Klinge aus bestem Solinger Molybdänstahl. Der Vogel wird bequem auf den Rücken gelegt, der Schnitt hart am Brustbein entlang geführt. An Schulter- und Hüftgelenken werden die Sehnen mit der Spitze des Messers flink durchtrennt, sodass links und rechts je eine Hälfte von der ansonsten sauber stehen bleibenden Karkasse abfällt. Streit wird vermieden, die Konterrevolution im Keim erstickt.

andreas dietl