Arbeiten bei der Fast-Food-Kette Subway

Wie ein Sandwich dem anderen

Die neue Filiale von Subway in Kreuzberg ist nicht sonderlich beliebt. Bei der Fastfood-Kette gilt: Expandieren um jeden Preis.

Die Leuchtreklame ist, wie die Sandwiches, in Plastik verpackt. Andernfalls würden ihre Einzelteile auf die Straße fallen. Mehrere Steinwürfe haben bei der erst vor wenigen Wochen neu er­öff­neten Filiale der Fastfood-Kette Subway an der Schlesischen Straße, Ecke Falckensteinstraße, nicht nur die Firmenlogos zerstört. Auch in den Schaufensterscheiben klaffen große Löcher, die Reste werden von Klebeband zusammengehalten. Zwölf Attacken hat der Inhaber David B. nach Angaben der Berliner Morgenpost »bereits erdulden müssen«.

Offenbar hat sich der 27jährige David B. nicht nur hinsichtlich der Ablehnung der Bevölkerung verrechnet. Selbst an einem Donnerstagabend ist sein Laden gähnend leer, während sich an den Döner-Buden direkt am Schlesischen Tor lange Schlangen bilden. Dort bekommt man »Super-Döner« für zwei Euro, während man bei Subway für ein Sandwich mit einem so beeindrucken­den Namen wie »Chicken Teriyaki« mindestens vier Euro hinblättern muss.
Die Kreuzberger scheinen es auch nicht zu schät­zen zu wissen, dass sie sich auf einem der mit rotem und grünem Kunstleder überzogenen Stüh­le und mit einem Sandwich der Kette so fühlen dürfen wie an 30 000 anderen Orten auf der Welt. Ob in Berlin, Gelsenkirchen, Barcelona oder Ohio, in Afghanistan, Bolivien oder auf den Cayman Islands – Subway rühmt sich, seit 2001 die Einrichtung aller Restaurants im einheitlichen so genannten Toskana-Stil zu halten. Und weltweit werden die gleichen Sandwiches angeboten.
Verrechnet hat sich David B. auch mit seinem Plan, andere für sich arbeiten zu lassen. Freimütig erzählt er der Reporterin der Morgenpost, dass er eigentlich im öffentlichen Dienst arbeite, doch nun, »um die Personalkosten so gering wie möglich zu halten«, insbesondere an den Wochen­enden selbst hinter dem Tresen stehe. So wie das Geschäft laufe, könne er sich Angestellte gar nicht leisten. Mehrere zehntausend Euro habe der Jungunternehmer zusammen mit drei Freunden in den Laden gesteckt. »Erst wollten wir eigene Ideen umsetzen«, doch weil sie sich das nicht so richtig zutrauten, wurden sie Franchisepartner von Subway.

Die Kette bietet sich quasi jedem, der »vom Wesen her korrekt und arbeitswillig« ist, als Franchisepartner an, 2 000 Bewerbungen sollen pro Monat eingehen. Sobald man das mehrstufige Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen hat, ist ein Ladenlokal in einer Größe zwischen 25 und 250 Quadratmetern zu finden und 25 Prozent der Investitionskosten, die zwischen 80 000 und 250 000 Euro liegen, sind als Eigenkapital zu besorgen. Den Auserwählten bietet Subway neben einer 14tägigen Schulung in Buchhaltung und Einkaufsplanung und einer Einführung in das einheitliche System zur Kontrolle aller Umsätze auch die Lieferung der Inneneinrichtung und Ausstattung des Restaurants an. Gemüse und Salat können die Franchisenehmer frei beziehen, für viele andere Produkte gibt es eine Bezugs­pflicht.
Seinen Gewinn macht der in Milford, Connecticut, beheimatete Konzern über die Franchise­gebühr, die derzeit acht Prozent vom Nettoumsatz beträgt. Hinzu kommen 4,5 Prozent für den zentralen Werbefonds und weitere 1,5 Prozent für Wer­bung an Ort und Stelle. Das gesamte wirtschaft­liche Risiko trägt der Franchisenehmer, die Zentrale unterstützt ihn nur mehr oder weniger durch einen der 16 »Gebietsentwickler« in Deutsch­land. Und um die gewünschte Expansion nicht zu gefährden, gewährt Subway grundsätzlich kei­nen Gebietsschutz.
Mit diesem Franchisekonzept ist Subway mitt­ler­weile zur Nummer zwei auf dem weltweiten Fast-Food-Markt aufgestiegen. In den USA, Kanada und Australien hat das Unternehmen, was die Anzahl der Restaurants betrifft, McDonald’s inzwischen sogar den Rang abgelaufen. Gemessen am Umsatz liegt McDonald’s aber immer noch weit vorne, da schafft Subway mit seinen rund elf Milliarden Dollar im Jahr 2007 gerade einmal die Hälfte des Weltmarkführers.
Dennoch ist es das erklärte Ziel von Fred ­DeLuca, »die Nummer eins im Fast-Food-Markt zu werden«. Um sein Studium zu finanzieren, ­begann der Sohn italienischer Einwanderer im Jahr 1965 zusammen mit seinem Kumpel Peter Buck, an der Universität Sandwiches für unterwegs zu verkaufen, die in ihrer Form U-Booten ähnelten. Irgendwie kam es dann wohl von »Sub­marine« zu »Subway«. Neun Jahre später, bereits im Besitz von 15 Restaurants, stellten die bei­den ihr Unternehmen auf das Franchisesystem um. 1987 eröffnete das 1 000. Restaurant, 1995 waren es 10 000, und inzwischen gibt es über 30 000 in 88 Ländern.
In Deutschland eröffnete Subway 1999 die erste Filiale am Berliner Kurfürstendamm, inzwischen sind es rund 670 Restaurants, davon allein 38 in Berlin. Im Jahr 2011 sollen es nach dem aggres­siven Wachstumsplan der Zentrale von Subway 1 500 eigene Filialen sein. Der Hauptkonkurrent McDonald’s betreibt zurzeit knapp 1 300 Filialen in Deutschland.
Doch inzwischen konkurrieren die Franchisenehmer untereinander, weil in den lukrativen Gegenden immer mehr Restaurants eröffnen. So vermutet Bernd Faßbender, der Präsident des »Deutschen Franchise-Nehmer-Verbands«, dass bei vorsichtiger Schätzung »30 Prozent der Subway-Stores am Existenzminimum« lavieren. Auch ein ausführlicher Artikel der Wirtschaftswoche sorgte im Mai für Furore. Unter dem Internet­artikel »Lizenz zum Abkassieren für Subway« ­reihen sich die Kommentare und Leidensgeschich­ten von gescheiterten Franchisenehmern. Doch muss man mit jemandem Mitleid haben, der davon träumte, sich mit fünf Filialen ein monat­liches Einkommen von 30 000 Euro zu verschaffen, und nun vor dem Bankrott steht? Es sind die üblichen Geschichten der »betrogenen Betrüger« im Kapitalismus.

Tatsächlich geprellt werden häufig genug die Angestellten der Franchisenehmer um ihre Löhne. Da alle Subway-Filialen wirtschaftlich selbständig sind, ist es schwer, einen Überblick über die Höhe der Löhne zu bekommen. Der Wirtschaftswoche zufolge zahlen die meisten Restaurantbetrei­ber zwischen fünf und 6,50 Euro pro Stunde, obwohl der mit der Gewerkschaft Nahrung-­Genuss-Gaststätten ausgehandelte Tariflohn für Fastfood-Läden 7,50 Euro beträgt. Auch ge­höre unbezahltes Probearbeiten neuer Mitarbeiter zum Alltag, und in Duisburg werde sogar eine Subway-Filiale nur von Auszubildenden geführt. Wohl deshalb bittet die selbst gebastelte Büchse den Kunden bei Subway in der Schlesischen Straße geradezu sehnsüchtig um Trinkgeld.
Sicher verdienen die Angestellten gegenüber in der Döner-Bude der türkischen »Onkel-Ökonomie« nicht mehr, und von Arbeitsschutzgesetzen hat man dort wahrscheinlich noch nie etwas gehört. Das Auftauchen von Ketten wie Subway oder auch China-Box in der Schlesischen Straße bedeutet einen weiteren Schritt zur Gentrifizierung der Gegend. Man muss den neben dem Sub­way liegenden Laden »Bourbon«, der selbst gemachten Schnickschnack für Touristen anbietet, den »Komfort 36« für edle Büromöbel oder die Wurstbude »Curry 7« nicht lieben. Zwischen ihnen und Subway verläuft die Grenze zwischen einer Klitschenökonomie im kapitalistischen Alltag und einer Ausbeutung durch weltweit agierende Konzerne.