Urteil gegen Microsoft

Gift fürs Kapital

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Microsoft verhalte sich »tyrannisch« und die manipuliere die »Waage des Wettbewerbs«, erklärte Bezirksrichter Thomas Penfield Jackson vergangene Woche. Das daraus resultierende Urteil gegen den Konzern wegen dessen wettbewerbswidrigen Geschäftsgebarens bewerteten die Medien äußerst optimistisch: Es beweise die Funktionsfähigkeit unseres Wirtschaftssystems, weil auch die mächtigsten Konzernen in die Schranken gewiesen werden, wenn sie ihre Marktstellung missbrauchen. An diesen HurraóRufen auf den OrdoóLiberalismus ist tatsächlich etwas Richtiges: Das Urteil zeigt auf, dass der kapitalistische Staat im Interesse der gesamten Produktionsweise gegen Teile des Kapitals vorzugehen gewillt ist.

Monopole wie Microsoft oder auch oligopolistische Strukturen sind Gift für den Kapitalismus, weil sie genau das untergraben, was ihn legitimiert und seine historische Leistung ausmacht: den Wettbewerb, und in dessen Folge billiger werdende Waren und ständige technologische Neuerungen. Aber genau dieser Wettbewerb drängt die schwächeren und in der Regel kleineren Unternehmen aus dem Markt, während die Großen noch größer werden und ihre Marktanteile weiter ausbauen.

Dieser permanente Konzentrationsprozess entspricht einer tendenziellen Monopolbildung und stellt einen der grundlegenden Widersprüche des Systems dar. Deshalb haben die fortgeschrittenen Staaten schon sehr früh versucht, diesen Prozess durch staatliche Eingriffe einzudämmen. In den USA entstand bereits 1890 der bekannte Sherman Act, durch den wenig später Rockefellers Standard Oil zerschlagen wurde, und der nun auch zum Urteil gegen Microsoft geführt hat.

Dennoch waren diese Versuche staatlicher Regulierung vor allem aus zwei Gründen immer halbherzig. Gerade in den USA sind die politischen Parteien von umfangreichen »Spenden« aus der Privatwirtschaft abhängig, also vorrangig von den großen Konzernen. Und gerade diese MegaóFirmen wären von harten kartellrechtlichen Urteilen betroffen. Es ist klar, dass es diesen politischen Institutionen schwer fallen muss, die eigene finanzielle Basis zu zerstören.

Zweitens zerreißt es fast die kapitalistischen Seelen, einerseits ständig und überall das Privateigentum an Produktionsmitteln heilig zu sprechen, andererseits genau dieses Heiligtum politisch zerschlagen zu müssen. Dieser blasphemisch anmutende Akt erschwert eine konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Möglichkeiten, soweit sie überhaupt vorhanden sind, enorm.

Nur so ist die fast hysterische Aufmerksamkeit zu erklären, mit der der Fall Microsoft in den bürgerlichen Medien begleitet wird. Denn passiert ist noch gar nichts. Ein Urteil wurde gefällt, aber die Folgen sind mehr als unklar. Der oberste Gerichtshof als letzte Instanz ist äußerst konservativ und wird sich schwer tun, Microsoft mit aller Härte des Gesetzes zu attackieren.

Und falls die Republikaner die kommenden Wahlen in den USA gewinnen, kann Gates sowieso mit Milde rechnen. Der rechte Spitzenkandidat Georg Bush Jr. hat mehrfach erklärt, dass er die angedrohte Zerschlagung für falsch halte. Kein Wunder ó Microsoft und Bill Gates gehören zu den wichtigsten Geldgebern der Republikaner.