Alternative Lebensformen

Freunde mit vier Beinen

Von olga bach

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Viele Berliner klagen und noch mehr Berliner leiden, fällt nur das Stichwort Hund. Allzuviele von diesen Vierbeinern plagen die Stadt - und ihre Bewohner. Grob geschätzt sind es 102 811. Politiker etablieren sich mit dümmlichen Anti-Hunde-Parolen. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) vorneweg. Er legte eine Liste »gefährlicher« Hunde vor. Halter der dort aufgeführten Tiere sollen nun die Ungefährlichkeit ihres Hundes beim Arzt unter Beweisen stellen. Neben wirklich ekligen Exemplaren wie Pitbull und Mastino gelten den SPD-Experten aber auch Hunde als gefährlich, die Wild angreifen.

Das betrifft auch meine freundliche Mischlingshündin aus Friedrichhain mit dem Namen Tolu. Nach der Liste nicht zum Gutmütigkeitsbeweis verpflichtet, kann sie es nicht lassen, leckeren Hasen nachzustellen, die durchs Berliner Unterholz brechen. Ohne Erfolg, versteht sich. Trotzdem braucht sie diese Art des Zeitvertreibs, wenn wir durch den Treptower Park schlendern.

Fünf Kilometer schlängelt sich der Grünstreifen am Ufer der Spree entlang, in der Mitte ist das aus dem Marmor der zerstörten Reichskanzlei erbaute sowjetische Ehrenmal drapiert. Eigentlich genug Platz für Tolus Bewegungsdrang - wäre da nicht ein Opel Astra der Denkmalschutzpolizei. Deren Insassen übereifrig Frauchen und Herrchen verwarnen, die unangeleinte Tiere spazieren führen. Zur Zeit sind 75 Mark fällig. Geht es nach der SPD, sollen es bald doppelt soviel sein.

Dabei haben wir armen Hundebesitzer Stress genug - mit den Hunden. Ob der Vierbeiner angeleint ist oder nicht, ob er Tolu, Sonntag oder Neandertal heißt, Männlein oder Weiblein ist. Jeden Tag muss die Rangfolge im Rudel auf's Neue geklärt werden. Ohne Rücksicht auf die Gewichtsklassen fechten die Tiere einen ständigen Kampf miteinander aus.

Und die Besitzer? Meist stehen wir unschlüssig, grimmig oder verängstigt um die sich beißenden Viecher. Nur wer um den stärkeren Hund weiß, erspart sich die Brüllerei. Schlimmer aber sind Nicht-Besitzer mit einem Leihhund: Sie kommen nicht klar. Außerdem flüchten unglückliche, attackierte Hunde sich in vollem Lauf in unbeteiligte Personengruppen. Tolu bleibt - natürlich - meistens Siegerin.

Viele Mit-Hundebesitzer können nicht ganz so entspannt sein. Sie prügeln prophylaktisch auf ihren tierischen Freund ein, nähert sich ein möglicher Konkurrent. Andere ziehen das Viech immer schön an der Leine hinter sich her.

Ein besonders beeindruckender Fall derartiger Tierhaltung: ein Huskie, konstruiert für ein Leben bei Temperaturen unter Null. Er benötigt jede Menge Auslauf, mehr als meine Tolu sogar. In Grönland gibt es dafür Hundeschlitten. Fröhliche Herdenhunde ziehen acht Stunden am Tag Menschen hinter sich her, egal wen, egal warum. Im Treptower Park braucht der Hunde-Import eine Stunde für vier Kilometer. Dafür aber mit einem ächzenden Besitzer am Ende der Leine. Sinnloser als ein Huskie ohne Schlitten wäre nur ein Park ohne herumtollende Vierbeiner.