Stephen Gatelys Coming-out

Monsterliebe

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Nachdem Stephen Gately von der irischen Erfolgsband Boyzone Mitte letzter Woche in einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Sun erklärt hatte, er sei schwul und habe eine feste Beziehung zu dem ehemaligen Sänger von Caught In The Act, dem Niederländer Eloy de Jong, waren Pädagogen wie Medien gleichermaßen alarmiert.

Nicht, weil der 23jährige Gately durch Drohungen des Boulevardblattes, es werde andernfalls das Statement eines engen Freunds zu Gatelys Homosexualität veröffentlichen, zum Outing der seit einem Jahr bestehenden Beziehung gezwungen worden war. Und auch nicht, weil man sich, wie Boyzone-Manager Louis Walsh, nach Gatelys Interview Sorgen um die weitere Zukunft der singenden Jungs machen mußte, deren Hauptklientel Mädchen zwischen 12 und 16 Jahren sind.

Es waren andere Fragen, die in den letzten Tagen bewegten: Drohte mit Stephens Coming-out nun, drei Jahre nach dem Ende der Boygroup Take That, ein erneuter Teenie-Gau, sollte man vorbeugend wieder Hotlines für tieftraurige, verwirrte Fans einrichten und Besitzerinnen von Boyzone-Postern als potentielle Selbstmordkandidatinnen behandeln und dementsprechend verschärft beobachten?

Zumal es sich bei Stephen ausgerechnet um denjenigen handelte, der im ersten offiziellen Buch über die Gruppe erklärt hatte, daß Michelle Pfeiffer sein Traumdate sei? Bei der Bewältigung dieser und anderer Fragen erwies sich die B.Z. als besonders eifrig. Der in der B.Z. interviewte Chefredakteur der Bravo, Jürgen Stollberg, war jedoch nicht besonders hilfreich. Weit entfernt davon, Gatelys Erklärung als Skandal zu sehen, beschrieb er Boygroups nüchtern als "vier oder fünf frische Jungs, die gut aussehen und tanzen können - und einen cleveren Manager haben". Die Pubertät sei und bleibe "die Zeit der großen Träume", für Bravo habe sich daher nur das Geschlecht der in den Sänger Verliebten geändert: "Neu ist, daß uns zur Zeit Tausende Jungs schreiben, sie hätten sich unsterblich in Stephen Gately verliebt."

Das war, zumindest für die B.Z., sehr ärgerlich, denn weinende Mädchen, die vorwufsvoll Boyzone-Platten verbrennen, wären eigentlich ein prima Thema gewesen. Stollberg zeigte sich in diesem Punkt jedoch wenig kooperativ, der große Skandal kam einfach nicht in Gang. "Für einen Teil ist es ein Schock, die anderen finden das Outing von Stephen Gately mutig."

Und blöderweise standen sich auch die Bandkollegen sowie Gatelys Familie (Vater Martin: "Mach dir keine Sorgen, es gibt nichts, wovor du Angst haben müßtest. Deine Familie liebt dich") hinter dem Musiker, Mike Graham von Boyzone forderte in einer Presseerklärung stellvertretend für die Kollegen: "Auch alle Fans sollten Stephen unterstützen. Er hat ihnen immerhin in den letzten Jahren viel Musik und Glück geschenkt."

Glücklicherweise konnte trotz soviel Verständnis der B.Z.-Artikel unter der Überschrift "Erklär mir das Phänomen 'Boygroups'" erscheinen. Man hatte nämlich die Berliner Psychologin Konstanze Faki gefunden, die Schlimmes prophezeite: "Dieses Outing", erklärte sie, sei "besonders schlimm für die Mädchen, denn ein schwuler Mann hat in Mädchenträumen recht wenig verloren. Der ist jetzt ein ekliges Monster für Teenies."

Die zeigten sich jedoch von der bei der B.Z. herrschenden Panik recht unbeeindruckt. In einer von Viva-Text initiierten Umfrage zum Thema "Fühlt Ihr Euch von Stephen Gateley betrogen?" antworteten 65 Prozent mit einem klaren "Nein". Denn aus welchen Gründen ein angehimmelter Star unerreichbar ist, ist schließlich völlig egal.