Unternehmen im Green-Waschgang

Die Uno setzt bei der weltweiten Armutsbekämpfung auf transnationale Konzerne

Eine "stille Revolution" soll es werden. Der amtierende UN-Generalsekretär Kofi Annan plant, die Uno auf ihre neue Rolle als Stabilisatorin der Weltwirtschaft vorzubereiten. Dieser Kurs wird UN-intern als "stille Revolution" bezeichnet und stellt eine neue Stufe der Zusammenarbeit mit transnationalen Konzernen dar.

Nach einem vorletzte Woche veröffentlichten Bericht des Transnational Resource and Action Center (TRAC) aus San Francisco, handelt es sich um ein Projekt, das unter dem Kürzel "GSDF-2B2M" (für "The Global Sustainable Development Facility - 2 Billion People to the Market by 2020") geführt wird. Dies steht für eine Vision der UN-Entwicklungsagentur (UNDP): Im nächsten Jahrtausend soll die weltweite Armut in enger Zusammenarbeit mit den "global führenden Konzernen" bekämpft werden. Ein Teil der Kosten für die angestrebte Integration von rund zwei Milliarden Menschen in den Weltmarkt soll von den Konzernen getragen werden.

Für die UNDP ist dies kein Problem. In einer Projektskizze heißt es: "Der Grund für die strategische Kooperation zwischen der Geschäftswelt und den Entwicklungsorganisationen liegt darin, daß langfristig eine enge Beziehung zwischen nachhaltiger Entwicklung und dem Anstieg der shareholder value existiert."

Das geplante Joint venture, nach UNDP-Angaben das erste seiner Art, soll als Pilotprojekt ein institutionelles Scharnier zwischen den UN und der Privatwirtschaft schaffen. Die finanziellen Mittel des Projekts sollen nicht nur von den Konzernen eingebracht, sondern auch hauptsächlich von diesen verwaltet werden. Eine Quasi-UN-Organisation stünde dann erstmals unter direkter Kontrolle von transnationalen Konzernen.

Das Angebot der UNDP stößt auf Interesse: 16 von rund 30 angefragten global players sind mittlerweile direkt am Projekt beteiligt. Neben Ikea, H&M und RWE, gehören mit dem schweizerisch-schwedischen Energiekonzern ABB und dem norwegischen Erdölmulti StatOil Firmen zur Projektgruppe, denen in der Vergangenheit schwere Verletzungen der Arbeits- und Menschenrechte vorgeworfen wurden. Während die ABB beim Bau des Ilisu-Staudammes, im Südosten der Türkei, einen Beitrag zur Aufstandsbekämpfung mittels Modernisierung leistet, kooperiert StatOil seit Jahren mit den Diktaturen in Nigeria und Ost-Timor.

Jeweils 50 000 US-Dollar kostete die Teilnahme an verschieden "Workshops" in New York, Miami und Kapstadt. Dort wurde die Zusammenarbeit zwischen den Konzernen und UNDP vorbereitet. Für das finanzielle Engagement hat die mittlerweile 40jährige Entwicklungsagentur einiges zu bieten. Nach eigener Darstellung unterhält sie - als größte Unterabteilung der UN - 135 Zweigstellen und ist verantwortlich für Entwicklungsprojekte in 174 Ländern.

Dieses Netzwerk mit Kontakten auf höchster Regierungsebene soll künftig auch potentiellen Sponsoren zur Verfügung stehen. Die UNDP verspricht den Konzernen, daß sie so einen "wertvollen Einblick in die lokalen Bedingungen und Schlüsselprobleme von Entwicklungsländern" erhalten. Dies würde ihnen, so die Projektskizze weiter, erlauben, "die Konzernstrategien diesen wachsenden Märkten anzupassen und künftig das Investitionsrisiko zu reduzieren". Die UNDP eröffnet so den zahlungskräftigen Kunden eine weitere Möglichkeit, sich im Selbstbedienungsladen der Peripherieländer mit billigen Arbeitskräften und Ressourcen einzudecken.

Ein spezielles Logo des "GSDF-2B2M" Projekts richtet sich zudem an die kritischen Konsumenten in den Metropolen. Wie schon beim UN-Umweltgipfel, 1992 in Rio de Janeiro, erhalten die Konzerne für ihre Spenden ein UN-Label, mit dem sich Engagement für Weltfrieden und nachhaltige Entwicklung vermarkten lassen. Die Möglichkeit, sich über dieses Logo ein umweltfreundliches Image zu kaufen, wurde bereits in Rio von Umweltorganisationen als greenwash der Konzerne kritisiert. Die Idee, einen "Eco Fonds" zur Deckung der Konferenzkosten zu gründen, war damals ein Novum in der UN-Geschichte. Der dafür verantwortlichen Maurice Strong gehört mittlerweile zu den führenden Köpfen bei den Vorbereitungen des neuen UNDP-Programms.

Die Bemühungen, den privaten Sektor stärker in die entwicklungspolitische Agenda der Vereinigten Nationen einzubinden, erklären sich zum Teil durch die schlechte Zahlungsmoral einiger Mitgliedsländer. So hat die USA, als bedeutendster Geldgeber, noch Zahlungsrückstände von über 1,6 Milliarden Dollar zu begleichen. Gleichzeitig findet in den UN-Organisationen ein ideologischer Umbruch statt.

Sahen manche Kritiker der Globalisierung bisher in den Vereinigten Nationen ein institutionelles Gegengewicht zu den Bretton-Woods-Töchtern - IWF, Weltbank und Welthandelsorganisation -, scheint unter der Führung von Kofi Annan diese Ära zu Ende zu gehen. Der UN-Generalsekretär setzt, wie zuletzt beim Weltwirtschaftsforum in Davos, auf einen "globalen Vertrag mit gemeinsamen Werten und Regeln" zwischen Konzernmanagern und den Vereinten Nationen.

Verschiedene Lobbyorganisationen der Konzerne haben seine Ideen bereitwillig aufgegriffen. So forderte die internationale Handelskammer (ICC) bereits im letzten Jahr die Regierungschefs der G7/8 Staaten auf, der Uno mehr Finanzmittel und Kompetenzen zu übertragen. Der Präsident des ICC, Nestlé-Chef Helmut Maucher, hatte zuletzt beim multilateralen Abkommen über Investitionen (MAI) dafür gekämpft, daß die Sozial- und Umweltstandards der Uno keinesfalls in den umstrittenen Vertrag aufgenommen würden.

Der Umbau der UN zu einer supranationalen Dienstleistungsagentur führt auch zu Konflikten innerhalb der zahlreichen UN-Unterorganisationen. Nachdem bereits 1993 das den Entwicklungsländern nahestehende UN Center on Transnational Corporations aufgelöst wurde, ist nun die Menschenrechtskommission unter Druck geraten. Der Aufgabenbereich der UN-Subkommission zur "Verhinderung von Diskriminierung und Schutz von Minderheiten" soll auf Wunsch der USA stark eingeschränkt werden. Die Subkommission hatte regelmäßig darauf hingewiesen, daß ein Zusammenhang zwischen der Verletzung von Menschenrechten und dem Globalisierungsprozeß bestehe.