Ein Dissident vor dem ZK der EU

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Meistens gleichen die Reden von Regierungschefs im Europa-Parlament symbolischen Huldigungszeremonien, in denen sich die Staatsoberhäupter und das Parlament gegenseitig versichern, dass die EU echt in Ordnung sei. Eine Menge Lob wird ausgeschüttet und Anerkennung gezollt, um den Glauben an die »Idee Europa« zu festigen. Wenn der gewohnte Ritus aber durch abweichendes Verhalten gestört wird, herrscht allseits große Verwirrung.
Für eine Irritation dieser Art sorgte der tschechische Präsident Vaclav Klaus am Donnerstag voriger Woche bei den Abgeordneten im Europa-Parlament, als er ihnen gehörig seine Meinung sagte. Der derzeitige EU-Ratspräsident wisse aus »bitterer Erfahrung«, »dass dort, wo es keine Opposition gibt, die Freiheit verkommt«. Die Bürger des ehemaligen Ostblocks würden deshalb »verständlicherweise empfindlich« auf entsprechende Tendenzen in der EU reagieren. Klaus ging noch weiter. Er forderte, Brüssel solle »viele Kompetenzen zurückgeben an die Nationalstaaten«. Doch Klaus sieht sich nicht nur als wackeren Verteidiger der Nation gegen die nivellierende Furie EU. Vor allem die Marktwirtschaft ist ihm eine Kostbarkeit, deren Unschuld vor der regulierungswütigen europäischen Bürokratie behütet werden müsse. Geschehe dies nicht, dann sei die Krise die Folge, verursacht durch »die politische Manipulation des Marktes«, so Klaus.
Angesichts solch geballter Dissidenz verließen einige Abgeordnete noch während der Rede unter Protest den Saal. Die Herzen der Welt-Leser scheint Klaus mit der Mischung aus Markthuldigung und dem Bekenntnis zur Nation hingegen erreicht zu haben. Von diesen stimmten in der Online-Umfrage »Ähnelt das Diktat der EU einer Diktatur?« 87 Prozent mit »Ja«.